Oftmals offenbart sich Kunst dem Betrachter als leichte Kost, er kann auf den ersten Blick den Zugang finden. Genau diesen Zugang meint er zu haben, wenn er sich Thomas Henningers monochrome Naturdarstellungen anschaut.
Doch er irrt – die Werke des Künstlers in der neuen Schau „Pattern Repeat“ spielen mit menschlichen Denkmustern und Sehgewohnheiten: Seien es versteckte Spiegelungen, die mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind, oder fiktive Naturlandschaften, die dem Betrachter virtuell Realität vorgaukeln.
Auf den ersten Blick versprechen die Arbeiten Henningers Wiedererkennung: eine Gebirgslandschaft vor einem See mit Lichtern, die sich im Wasser spiegeln; Detailaufnahmen von Ästen oder Sträuchern und ihrem Wirrwarr aus Rinde, zackigen Blättern und bunten Beeren. Die Motive wirken wie Momentaufnahmen des natürlichen Mikrokosmos der Pflanzen.
„Es sind grundsätzlich am Computer generierte 3D-Modelle“, klärt Thomas Henninger den Betrachter über die Illusion auf. Seine Landschaften entspringen der reinen Fantasie, fotografische Vorlagen benutzt er nicht. Das ist mitunter der erste Irrtum, dem der Betrachter unterliegt: Mit Fotorealismus haben die Öl- oder Acrylbilder nichts gemein. Für den 39-Jährigen sind es Reanimationen: „Ich möchte zeigen, wie wenig der Mensch braucht, um sich an die eigenen Naturerlebnisse erinnert zu fühlen.
Eine weitere Verunsicherung bietet die rapportartige Wiederholung von Musterelementen in den Bildern. Blätter, Beeren oder Äste tauchen mehrfach auf – und zwar als Spiegelungen, deren Achsen der Betrachter nur schwerlich lokalisieren kann. Das liegt auch daran, dass diese Reflektionen nie im selben Licht erscheinen: Sind Blätterkonturen und Beerenfarbe auf der einen Bildseite zu erkennen, verkehrt Henninger mit den Spiegelungen diese Elemente ins schattige Dunkel.
Diesen Arbeitsprozess von nächtlichen Lichteindrücken hin zu eingefrorenen Zuständen hat der Künstler bereits seit seinem Diplom an der Kunsthochschule in Halle (Saale) weiterentwickelt. Im Endstadium überzieht Henninger die Motive mit einer feinen Schicht aus reinem Bienenwachs. Die Milchglas-artige Wirkung bringt ein weiteres Phänomen hinzu, die Wechselwirkung von Schärfe und Unschärfe, die den Zugang zu den hochqualitativ komponierten Naturbildern weiter erschweren. Dem Ganzen setzt Henninger noch die Krone auf, indem er die Bilder in schwarze Schaukästen setzt und ihnen so naturwissenschaftlichen Objektcharakter verleiht.
Thomas Henninger wurde 1971 in Offenburg geboren. Nach einer Ausbildung zum Steinbildhauer studierte er Malerei an der Burg Giebichenstein, der Hochschule für Kunst und Design in Halle an der Saale. Sein Studium bei Professorin Ute Pleuger schloss er 2006 ab. In der Galerie Ricarda Fox, Liverpoolstraße 15, ist er bereits zum dritten Mal zu sehen. Die Schau „Pattern Repeat“ dauert bis 8. Januar 2011. Infos: www.galerie-fox.de