„Jetzt geht’s los“, kündigte der Investor Kondor Wessels Anfang Oktober am Baufeld I an. Nichts ist. Und es ist nicht das erste Mal, dass sich die Mülheimer Politik von dem Investor auf die lange Bank geschoben fühlt.

Selbst die starken Befürworter des Projektes, die bisher eine Menge an Geduld aufgebracht haben, sind inzwischen schlicht sauer. Dieter Wiechering, der SPD-Fraktionschef zum Beispiel, erklärt im Gespräch mit der WAZ: „Ich wäre froh, wenn endlich mal etwas passieren würde.“ Genaueres weiß auch er, immerhin der Vorsitzende des Planungsausschusses, nicht.

Dabei hatten einige der Ratsmitglieder schon zu Beginn des Jahres auf den ersten Spatenstich gehofft und musten dann erfahren, dass es vor Mai nichts wird. Im Mai hieß es: Wartet bis September. Aus September wurde Oktober. Jetzt kommt der Winter, nur der Baubeginn nicht.

„Die Öffentlichkeitsarbeit von Kondor Wessels lässt mehr als zu wünschen übrig“, ärgert sich der Fraktionsgeschäftsführer der CDU, Hans-Georg Schiemer. Vor allem für die Großwetterlage in dieser Stadt, in der lange über Ruhrbania gestritten wurde, seien die ständigen Verzögerungen und Unklarheiten einfach schlecht. Die Stimmung bei der CDU: Die Zweifel drohen die Hoffnung zu ersticken. Und nicht nur dort.

Auf 5000 Quadratmetern am Ruhrufer will der Konzern einen Komplex aus Wohnungen, Büros und weiteren Gewerbeeinheiten errichten. Kondor Wessels hatte das Bauvorhaben in den vergangenen Monaten noch einmal überarbeitet, nachdem aus dem geplanten Ärztezentrum die Ärzte ausgestiegen waren. 90 Wohnungen sollen jetzt unter anderem dort entstehen, Gastronomie mit Platz für 1000 Personen. Ein repräsentativer Bau an der Promenade wurde versprochen.

Frühestens in der kommenden Woche will sich der Investor öffentlich äußern. „Ich werde nervös“, sagt der Fraktionschef der FDP, Peter Beitz. Die Unzufriedenheit nehme auch in der Bevölkerung zu, berichtet er. Die Mülheimer Innenstadt gehe immer mehr den Bach hinunter. Was bleibe, fragt er sich, von den großen Ankündigungen zu Ruhrbania und zum Ruhrbanium überhaupt noch übrig? Die Zweifel in der Politik gehen so weit, das mancher gar fürchtet, Kondor Wessels könnte eine Vertragsstrafe dem Bau vorziehen.

Davon, versichert Frank Mendack, Leiter der Stadtkanzlei, könne überhaupt keine Rede sein. Das Büro der Oberbürgermeisterin stehe in Kontakt mit dem Investor und ist überzeugt, dass in den nächsten Wochen mit dem Bauwerk begonnen wird. „Man befindet sich in der Endabstimmung“, weiß Mendack, was er nicht weiß: Woran es noch hakt.

Die Mülheimer Bürgerinitiativen misstrauten dem kompletten Großprojekt schon immer und fürchten nun, dass am Ende jenes städtebauliche Desaster an der Ruhrpromenade entstehen könnte, vor dem sie immer gewarnt haben. Am kommenden Dienstag wollen die MBI erneut versuchen, im Planungsausschuss ein Stück mehr Aufklärung zu bekommen.

Die hätte auch gerne der künftige Nachbar auf dem Baufeld II, ein Konsortium aus dem Mülheimer Wohnungsbau, der Heine AG und dem Mülheimer Geschäftsmann Jochen Hoffmeister. Auf deren Areal soll Ähnliches entstehen, aber in noch größeren Ausmaßen und mit einer Investitionssumme, die ebenfalls im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich liegt. Mitte 2011 soll dafür die Planung stehen, 18 Monate Bauzeit. Ende 2013 will man dort Einzug halten. Wird man am Ende sogar eher fertig sein?

Wiechering hofft inzwischen, dass das Tempo der Investoren auf Baufeld II nebenan für Schubkraft sorgt. Ursprünglich sollte es umgekehrt sein. Durchaus möglich ist es, dass eine gleichzeitige Bautätigkeit Störungen aufwirft, gemeint ist der Baustellenverkehr durch die Innenstadt. „Es wäre gut, wenn auf Baufeld I der Rohbau fertig wäre, wenn wir starten“, sagt Jürgen Steinmetz, Vorstand beim Mülheimer Wohnungsbau. Er denkt aber auch noch an ein ganz anderes Problem: Beide Investoren bedienen mit Wohnungen, Büros und Gastronomie einen gleichen Markt. Zeitgleich fertig hieße daher zeitgleich Konkurrent sein.