Was wird aus der denkmalgeschützten Jugendherberge am Kahlenberg? Ein Ensemble mit Luxuswohnungen oder eine Kinderherberge „Villa Kunterbunt“?
Diese Frage wird in den kommenden Wochen doch noch mal zu klären sein, obwohl die Wirtschaftsförderung nach ihrer Käufer-Akquise schon einen Investor für Wohnnutzung zum Favoriten erklärt hatte.
Am Donnerstag lag der Bezirksvertretung 1 eine entsprechende Beschlussvorlage zum Verkauf der stadtbildprägenden Immobilie am Ruhrufer vor. In dem nichtöffentlichen Papier, das der WAZ vorliegt, ist die Rede von insgesamt 16 Interessenten, die den Kauf der Jugendherberge ins Kalkül gezogen hatten. Am Ende blieben drei übrig: Das türkische Forum Bildungszentrum wollte 315 000 Euro für das Gebäude, das mit 823 000 Euro in den Büchern steht, zahlen. Allein weil der Verein kein Konzept vorgelegt habe, komme er schon nicht in Betracht, so die Wertung von M&B.
Auch preislich sind die anderen zwei Bieter interessanter: Die Essener Gesellschaft Kölbl Kruse Living bietet 900 000 Euro und will unter Einbezug des alten Bootshauses und eines Anbaus neun Eigentumswohnungen schaffen. Das alte Fachwerk im Giebelbereich will Kölbl Kruse wieder herausarbeiten.
Favorit für M&B ist das Angebot der Schell Grundstücks- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Sitz am Tourainer Ring. Geschäftsmann Rainer Schell bietet 890 000 Euro und kommt ohne Anbauten aus. Sieben Mietwohnungen in der Größe von 105 bis 180 m2 sollen geschaffen werden.
Schon vor der Sitzung der Bezirksvertretung aber machte sich Murren breit. Da war doch noch . . . der Essener „Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet“ (VKJ). Er habe, wie Stadtsprecher Volker Wiebels gestern bestätigte, bereits im Vorjahr Kontakt zur Stadt aufgenommen und angeboten, den Herbergsbetrieb für eine symbolische Erbpacht von einem Euro und mit einem städtischen Zuschuss von jährlich 150 000 Euro fortzuführen – das kam für die klamme Stadt nicht in Frage.
In der Akquise von M&B spielte der Verein nun überhaupt keine Rolle mehr. Doch der VKJ hat weiter Interesse, an der Ruhr eine Kinderherberge zu betreiben – und nach eigenem Bekunden per E-Mail an Stadt, M&B sowie Ratsfraktionen auch die Möglichkeit, eine Kaufsumme bis 1 Mio Euro zu stemmen. Hausbank und ein Großsponsor aus Mülheim seien bereits über das Vorhaben informiert.
Nur in der Beschlussvorlage zum Verkauf des Denkmals tauchte das VKJ-Angebot mit keiner Zeile auf. Nicht nur MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard fordert: „Bevor wir entscheiden, müssen erst mal alle Alternativen auf den Tisch.“
Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier sagte gestern, die Interessensbekundung erst nach Ablauf der Akquise erhalten zu haben. Nun werde man dem VKJ die Chance einzuräumen, bis Ende nächster Woche ein konkretes Nutzungs- und Finanzierungskonzept vorzulegen, das dann im weiteren politischen Beratungsprozess noch Berücksichtigung finden könne. Der Rat soll am 16. Dezember entscheiden, wer den Zuschlag erhält.
MBI, Grüne und CDU haben bereits ihre Sympathie für die VKJ-Pläne erklärt, weil so das Gebäude öffentlich zugänglich bleibe. Ebenso positioniert sich die SPD-Fraktion der Bezirksvertretung 1. Für die SPD-Ratsfraktion schränkte deren Chef Dieter Wiechering ein, dass man zunächst ein Konzept sehen wolle. Vorderstes Ziel sei, das Denkmal in bestmöglichem Zustand zu erhalten. Investitionen ins Gebäude dürften also auch ein Rolle bei der Bewertung spielen. Dies unterstrich auch CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Michels: „Die Jugendherberge ist stadtbildprägend - und soll es bleiben.“