Von Fremden macht man sich immer schnell ein Bild. Was man nicht kennt, wird interpretiert und in einen bekannten Rahmen gedrückt.

Diesen Zerrbildern setzen die 18 Teilnehmerinnen des Projekts „Mein Gesicht ist meine Geschichte“ nun sich selbst entgegen.

Die Eppinghoferinnen machen mit Fotograf Lubo Laco Bilder von sich, bevor die anderen das tun können – und schärfen dabei ihren eigenen Blick.

Die Grundüberlegung, mit der Lubo Laco sich an die Volkshochschule wandte, ist einfach: Kennen wir die Lebensgeschichten von Menschen, fühlen wir uns ihnen näher, wir verstehen sie und ihre Beweggründe. Wissen baut Vorurteile ab. Diese Erkenntnis wollte er mit fotografischen Mitteln umsetzen. Entstanden ist daraus ein mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds finanziertes Projekt, das den kreativen Prozess mit technischer Weiterbildung verbindet, wie Projektkoordinatorin Nicole Linau von der VHS es nennt.

Soweit die Theorie. In die Praxis umgesetzt wurde das Ganze in den Räumen der Awo an der Bahnstraße. Immer freitags treffen sich dort Migrantinnen zum Frühstück. Die Gemeinschaft, der Austausch mit anderen Frauen, die in einer ähnlichen Situation sind, steht bei diesen Treffen sonst im Mittelpunkt. Da war die erste Begegnung mit Lubo Laco nicht ganz einfach. „Zuerst konnte ich nur über Fotografie reden“, erinnert er sich. Technisches in der Theorie erklärte er da. Und waren die Damen beim ersten Praxisversuch mit Belichtung, Objektiv und Perspektive noch gehemmt, war das sich gegenseitige Fotografieren dennoch genau der Eisbrechen, auf den Lubo Laco gehofft hatte.

„Wir haben über Dinge gesprochen, da wäre ich sonst nie drauf gekommen“, sagt Hatice Cetin, die den Frühstückstreff leitet. Ihre Lebensgeschichten teilten die Frauen fortan, sprachen über Eigen-, Fremdbild, über Integration im Allgemeinen und besonderen. „Einige hatten sehr drastische Geschichten“, sagt Rana Yavuz, die – ganz „langweilig“ – in Mülheim geboren wurde. „Was sie erzählt haben, hat mich sehr beschäftigt.“ Und all das setzen sie in Bildsprache um, denn die sei universal.

„Jemanden zu fotografieren, ist sehr intim“, weiß Lubo Laco. Ein gelungenes Foto sei immer ein Gemeinschaftswerk des Fotografierenden und des Fotografierten – darauf müsse man sich einlassen. Dass dies Zeit braucht, zeigen die Porträts. Sieht man sie im Vergleich, sind die Fotos, die zuerst entstanden, verhaltener, unsicherer. Die zuletzt entstanden Werke allerdings zeigen intensiv blickende Frauen, sie haben Tiefe und bewegen. Natürlich, sagt Zeynep Kahveci, habe man sich schick angezogen, um vor der Kamera gut auszusehen, „Ich habe gelernt, das andere Hübsche zu sehen, abseits der Kleidung. Ausstrahlung macht einen Menschen schön.“