Paritosh Kundu ist ein lebendiger Erzähler. Wenn man ihn trifft in seinem Geschäft in Speldorf, glaubt man kaum, dass er längst im Rentenalter ist.
Mit 71 Jahren, von denen er fast 50 in Mülheim verbrachte, beliefert er mit seinem Großhandel für Asia-Lebensmittel noch immer Spezialgeschäfte in Mülheim und Umgebung. In diesen Zeiten, in denen das Wort Integration in seiner problembeladenen Bedeutung in fast aller Munde ist, vergisst man, dass es auch viele Menschen wie Paritosh Kundu gibt, denen das neue Land schnell zur Heimat wurde.
Kundu, der im ostindischen Jamshedpur zur Welt kam, lebt nicht nur in Mülheim, sondern setzte sich auch ein für seine Stadt. Dafür bekam er gestern – gemeinsam mit drei weiteren verdienten Bürgern – in einer Feierstunde die Ehrenspange der Stadt von der Oberbürgermeisterin verliehen.
Paritosh Kundu ist stolz darauf, die Ehrenspange tragen zu dürfen, er freut sich, dass sein Engagement gewürdigt wird. Er war SPD-Ratsherr von 1991 bis ‘99 und noch bis 2009 Bezirksvertreter.
Nicht nur im Integrationsrat engagierte er sich, auch im Planungs-, im Schul- und im Kulturausschuss. Kundu, der ‘61 mit 20 Jahren als ausgebildeter Maschinenbautechniker nach Deutschland kam, um bei einer Firma in Langenfeld, die zu Mannesmann gehörte, zu arbeiten, kann zum Thema Integration viel sagen – auch wenn er zunächst mit dem Satz irritiert, dass er das Wort nicht mehr hören mag. „Seit 1965 verfolge ich die Politik – bei der Integration hat sich nichts geändert.“ Alles laufe vom Schreibtisch aus – „das ist nicht die Wirklichkeit.“ Er, dem Deutschland schon so lange Heimat ist, erinnert sich an die Politik der Rückkehrprämien und der Reintegrations-Programme. Der falsche Weg? Bildung, Schulbildung ist unbedingte Pflicht, sagt er.
„Wenn man Bildung hat, hat man auch die Sprache.“ Und erst dann, erst danach, komme die Integration. Ein Satz, über den man nachdenken kann: „Integration muss vom Herzen her kommen.“ Entgegenkommen, Gesprächsbereitschaft, Toleranz, Unvoreingenommenheit – er hat das erlebt, damals, als er 1961 Kost und Logis bei einer Langenfelder Familie bekam, die den jungen Inder wie einen Sohn aufnahm. „Das ist die beste Integration, die es gibt“, sagt er. Vater und Mutter habe er zu dem Ehepaar gesagt, sich im Haushalt nützlich gemacht. Mit den deutschen Kollegen kam er gut zurecht – „da lernt man die Sprache schnell.“
Paritosh Kundu hat bis heute eine beinahe preußische Auffassung von der Arbeit, noch immer steht er jeden Tag um 6 Uhr auf. Bei Mannesmann war er lange Jahre in verantwortlicher Position tätig, war später als selbstständiger Experte in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung in ganz Deutschland gut beschäftigt.
Heute ist er Kaufmann und wenn ihn einer fragt, warum er noch arbeite, sagt der Vater zweier erwachsener Töchter: „Was soll ich denn sonst tun? Etwa Schaufenster gucken?“
Die Ehrenspange der Stadt Mülheim
Besondere Verdienste um Mülheim kann die Stadt mit der Ehrenspange würdigen. Über die Verleihung entscheidet der Stadtrat. Mit dem ehemaligen Ratsherrn Paritosh Kundu wurde auch Ursula Zeitnitz ausgezeichnet, die von 1994 bis 2004 dem Rat der Stadt angehörte. OB Mühlenfeld lobte Zeitnitz’ Engagement in vielen Ausschüssen und dem MST-Aufsichtsrat. Gerd Weinfurth bekam die Ehrenspange für seinen Einsatz für die Alzheimer-Selbsthilfegruppe, die er vor 20 Jahren gründete und deren Seele er bis heute ist. Der Künstler Klaus Wichmann wurde für sein Engagement für die Mülheimer Initiative für Toleranz geehrt, die er seit 17 Jahren mit großem persönlichem Einsatz unterstützt.