Mülheim. .
Der Pfarrbezirk der Markusgemeinde in Dümpten und Winkhausen lehnt sich auf: Presbyterium will das Gemeindezentrum Knappenweg samt Kita schließen. Letztere war die pikanterweise erst im Sommer für viel Geld für die U3-Betreuung umgebaut worden.
Der evangelischen Markuskirchengemeinde in Dümpten und Winkhausen droht die Zerreißprobe. Ursache für größeres Ungemach ist ein am Montagabend gefasster Beschluss des Presbyteriums, mit dem Gemeindehaus am Knappenweg (Winkhausen) auch noch ein zweites von drei Gemeindezentren aufzugeben, um den Weg freizumachen für eine Fusion mit drei weiteren Gemeinden im Norden. Widerstand gegen den Beschluss regt sich insbesondere im Umfeld der von der Schließung betroffenen Kindertagesstätte, die pikanterweise erst im Sommer für viel Geld für die U3-Betreuung umgebaut worden ist.
Das Presbyterium, Leitungsgremium gewählter Gemeindevertreter, hatte gestern Mittag durch den Kirchenkreis seinen Beschluss verkünden lassen. „Evangelische Markuskirchengemeinde will sich neu orientieren“, so der Titel. Man habe sich nun doch entschieden, am 1. Juni 2011 in die Fusion mit den Nord-Gemeinden Dümpten, Johannis und Styrum einzusteigen.
Dafür zeigte man sich bereit, die Forderungen der anderen Nord-Gemeinden zu erfüllen, neben dem Gemeindezentrum Rolands Kamp (Schließung zum 31. Dezember) ein weiteres Gemeindezentrum aufzugeben – das Haus am Knappenweg in Winkhausen soll Ende 2011 dichtmachen, die dort untergebrachte Kindertagesstätte „Unter dem Regenbogen“ (zertifiziertes Familienzentrum) im Sommer 2012. Bestehen bleiben soll nur das Zentrum am Springweg. Trotz der Schließung von zwei der drei Gemeindezentren sollen alle drei Pfarrstellen (Esther Kocherscheidt, Petra Jäger und Hans-Joachim Norden) erhalten bleiben, obwohl nur noch Petra Jäger über eine Predigt-Heimstätte verfügen wird.
Amt überrascht
Das Amt für Kinder, Jugend, Schule zeigte sich „überrascht“. Die stellvertretende Amtsleiterin Lydia Schallwig sagte zur WAZ, zuvor nichts von den Planungen erfahren zu haben. „Wir werden uns jetzt schnell im Haus zusammensetzen, um abzuklären, wie die Situation vor Ort ist“, sagte sie. Man müsse schauen, wie ab Sommer 2012 der Betreuungsbedarf im Bezirk sicherzustellen sei. Hierzu werde man auch das Gespräch mit der Gemeinde suchen, um abzuklopfen: Wird das Haus verkauft? Kann die Kita von einem anderen Träger übernommen werden? Muss gar die klamme Stadt einspringen, um die Versorgung mit Kita-Plätzen sicherzustellen? Fragen über Fragen, die unvermittelt aufgetaucht seien.
Viele Gemeindeglieder zeigen sich verstört über den Beschluss des Presbyteriums, an vorderster Front kämpft der Kita-Förderverein gegen die Entscheidung. Bereits am Montag hatte er eine Mahnwache zur Presbyteriumssitzung organisiert, viele kamen. Protest-Koordinatorin Christina Schäfermeier: „Wir fühlen uns verraten und verkauft. Wir machen weiter und werden das nicht akzeptieren.“
Schäfermeier kritisiert nicht nur den Beschluss an sich, aus dem „Herzstück des Stadtteils“ mit benachbarter Ganztagsschule und ökumenischem Zusammenwirken von evangelischer und katholischer Gemeinde einen Teil herauszuoperieren, von dem das Gemeindeleben durch vielfältigste Angebote profitiere. Schäfermeier kritisiert das Presbyterium dafür, im Alleingang gehandelt zu haben, ohne die Gemeinde anzuhören und mitzunehmen.
Neues System der Sozialvermarktung
Schon im Mai hatte eine Schließung des Gemeindezentrums in der Diskussion gestanden – als Voraussetzung für eine Fusion mit den anderen Nord-Gemeinden. Doch war die Gemeindespitze noch vor fünf Monaten der Ansicht, auf die Schließung verzichten zu können. Betriebs- und Instandhaltungskosten sollten durch ein neues System der Sozialvermarktung, ins Spiel gebracht von Pfarrer Hans-Joachim Norden und unterstützt vom Kita-Förderverein, gedeckt werden. Dass die Schließung doch wieder Thema wurde, komme einer Überrumpelung der engagierten Gemeindeszene gleich, so Schäfermeier. Äußerst kurzfristig habe die Presbyteriumsvorsitzende, Pfarrerin Esther Kocherscheidt, für die Ferien eine Gemeindeversammlung und für Montag besagte Sitzung des Presbyteriums angesetzt. Bei der Gemeindeversammlung habe Kocherscheidt „viel zu wenig Zeit für eine Diskussion eingeräumt“. Der Antrag aus der Gemeinde, besser eine Pfarrstelle aufzugeben als das Gemeindezentrum, sei „abgebügelt“ worden.
Kocherscheidt wies die Vorwürfe gegenüber der WAZ zurück. Das Presbyterium habe keine andere Möglichkeit gesehen, das Gemeindeleben zu sichern. Eine Pfarrstelle aufzuheben, liege nicht in der Kompetenz des Presbyteriums. Überdies sei die Gemeinde nicht überrumpelt worden. Die Einladung zur Versammlung sei ordnungsgemäß erfolgt, die Sitzung des Presbyteriums sei, anders als unterstellt, ohnehin angesetzt gewesen, die Stadt sei vorab informiert worden. Unklar blieben Kocherscheidts Aussagen in der Frage, warum die Gemeinde noch im Sommer die Kita aufwändig umbauen ließ, um nur wenig später ihr Aus zu beschließen. Das Land wird Geld zurückfordern – das wird den Gemeindeetat ungemein belasten.