Flüssig vorlesen ist für Emirhan eigentlich kein Problem. Schließlich hat der Neunjährige in Deutsch eine Eins. Trotzdem möchte er sich verbessern, beim achten Sprachcamp in der Volkshochschule.

Dort trainieren 14 Kinder mit Migrationshintergrund während der Herbstferien ihre Sprachkenntnisse, indem sie ein Theaterstück einstudieren. Ronja Räubertochter feiert am Samstag um 16 Uhr Premiere in der VHS.

Sprache sei der Schlüssel zur Integration, heißt es in der Politik so oft. Hier in der VHS wird dieses Statement gelebt: Die Kinder kommen aus den dritten und vierten Klassen der Evangelischen und Katholischen Grundschule an der Zastrowstraße und haben allesamt ausländische Wurzeln. Die meisten von ihnen plagen im Schulalltag Sprachdefizite, die sie im Camp abbauen wollen – spielerisch, versteht sich. Bei jedem Sprachcamp wird eine andere Mülheimer Grundschule angesprochen, ob sie teilnehmen möchte. So erleben die Schüler in ihren Ferien zehn multikulturelle Theatertage, in denen sie Aussprache und die Grammatikkenntnisse ausbauen.

So wie Emirhan. Obwohl er akzentfrei spricht und im Deutschunterricht einer der besten Schüler ist, nimmt er gerne am Projekt teil. „Weil’s Spaß macht“, verrät er. „Zuhause spreche ich mit meinen Eltern deutsch und türkisch“, erklärt der Neunjährige. Auch in der Schule habe er einmal in der Woche nachmittags Türkisch-Unterricht – ein zusätzliches Förderangebot der Schule. Welche Sprache sprichst du denn lieber? „Beide gleich gerne, aber ich lese mehr deutsche Bücher.“

Im Stück Ronja Räubertochter hat Emirhan die Rolle des Erzählers übernommen. „Hier muss er in Szenen einführen und viel kommentieren. Dabei lernt er seine Stimme und die Aussprache zu steuern“, erklärt Theaterpädagoge Frieder Saar. Laut, leise, schreien, krächzen, singen – was man mit Sprache alles machen kann!

Von 9 bis 16 Uhr bleiben die Kinder in der VHS. „Morgens gibt es ein Grammatik-Training, wir lesen gemeinsam, machen Pausen in der MüGa und üben das Stück ein“, erklärt Diplom-Pädagogin Nina Zirnstein. Sieben Betreuer kümmern sich um die Kleinen. Finanzielle Unterstützung bekommen sie dabei von der Leonhard-Stinnes-Stiftung, die noch drei weitere Camp-Runden fördern will.

Das finden die Kinder sinnvoll. Denn Lernen in kleinen Gruppen mache ihnen mehr Spaß als in der Schule. „Die Lehrer haben viel mehr Zeit und es ist nicht so streng “, findet Daniel. Zuhause spricht der Achtjährige „manchmal englisch, manchmal deutsch“. Seine Eltern stammen aus Ghana, Daniels Papa lernt selbst in der VHS: Deutsch.

Auch die Schwestern Diane (6) und Aylin (8) wachsen mehrsprachig auf. „Wir sprechen türkisch und deutsch“, erklärt Diane, die lieber leise als laut liest. Aber nicht allen Kindern fällt der Umgang mit der deutschen Sprache leicht: „Manche haben Angst, wenn sie zu uns kommen, da sie im Alltag oft mit Sprachbarrieren zu kämpfen haben“, erklärt Pädagogin Nina Zirnstein. „Wir machen ihnen dann klar, dass es hier nicht um Paukerei geht. Sondern um den Spaß am Sprechen.“

Zur Aufführung sind am kommenden Samstag nicht nur Eltern, Geschwister und Großeltern der Kinder eingeladen, sondern auch alle anderen Besucher, die Lust und Zeit haben. Um 16 Uhr beginnt die Vorstellung im Forum der VHS, Bergstraße 1-3. Der Eintritt ist frei.