Es klingt nach einem Klacks: Für die Wahl des Jugendstadtrats werden (mindestens) 29 Kandidaten gesucht. Doch diese zu finden, die sich für Politik interessieren und sich für die Belange Gleichaltriger einsetzen möchten, erweist sich alle zwei Jahre wieder als schwierig.
Dabei, betonen Vertreter der Jugendorganisationen der etablierten Parteien, sind Jugendliche durchaus an politischer Teilhabe interessiert.
„Wenn es um das richtige Thema geht“, sagt Martin Römisch, Vorsitzender der Jungen Liberalen (JuLis), „sind Jugendliche bereit, sich einzubringen, und dann interessieren sie sich auch für Politik.“ Als Beispiel führt er da die Sarrazin-Debatte an und eine Diskussion, zu der der Ring Politischer Jugend eingeladen hatte: „Die war für einen Sonntagmittag gut besucht.“ Politischer Zündstoff entflammt wohl jeden, unabhängig vom Alter.
Doch vielen Jugendlichen ist trotz allem Mülheim näher als Berlin, hat Marius Grosser, Vorsitzender der Mülheimer Jusos, festgestellt: „Die Jugendlichen wollen sich vor ihrer Haustür einbringen und vor Ort etwas bewegen.“ Deshalb haben die Jusos begonnen, in den SPD-Ortsvereinen Jusos-Arbeitsgruppen zu gründen. Natürlich habe das den Vorteil, Neuzugänge besser in den OVs zu verorten und die Kooperation zwischen Jung und Alt zu verbessern: „Die Jugendlichen wollen da etwas bewirken, wo sie wohnen.“
Das kann Sabrina Oesterwind bestätigen. Für die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union Mülheim war ein Skatepark „einen Herzensangelegenheit“, die sie am Ende durchsetzte. Das war für sie ein Beweis, dass man unabhängig vom Alter etwas bewegen kann: „Das muss man den Jugendlichen klar machen.“ Dem stimmt Katja Geißenhöner, Koordinatorin der Grünen Jugend, zu; „Wenn man Jugendlichen zeigt, dass man sie ernst nimmt und ihnen Raum gibt, sich einzubringen, sind sie voll motiviert.“ Allerdings müsse man es schaffen, die Teens dauerhaft zu motivieren: „Viele haben keine Geduld. Sie wollen gleich etwas anpacken.“ Auch Martin Römisch räumt ein, so viel Engagement für konkrete Projekte da ist, so wenig Begeisterung löse oft der Parteialltag aus: „Es ist schwer zu vermitteln, dass man ständig Kompromisse schließen muss, um Mehrheiten zu finden und etwas zu bewegen.“
Bei den Jusos versucht man das etwa durch gemeinsame Freizeitangebote auszugleichen. Der Spaß dürfe nicht zu kurz kommen. „Nicht jeder will im Arbeitskreis über kommunalrechtliche Grundlagen diskutieren“, sagt Marius Grosser. Grundsätzlich hat er aber die Erfahrung gemacht, dass sich Jugendliche lieber mit Aktuellem befassen: „Ihr Engagement ist eher auf die nähere Zukunft gerichtet.“ Mit dem Thema „Rente“ zu punkten, sei schwierig.
Durchweg zeigen sich alle Vorstandsmitglieder aber mit ihren Mitgliedszahlen zufrieden. Die Jusos bilden mit rund 190 Mitgliedern die stärkste Fraktion, wobei „der harte, aktive Kern aus rund 50 Leuten besteht“. Die Junge Union bringt es auf rund 130 Mitglieder. „Im letzten halben Jahr konnten wir 25 neue Mitglieder gewinnen“, sagt Sabrina Oesterwind. „Die meisten sind 14, 15 Jahre alt und sehr engagiert.“ Für sie ist das ein Beweis, dass diese Generation sehr politikinteressiert ist. Einige von ihnen wollen sich für den Jugendstadtrat (JSR) zur Wahl stellen. Die Jusos lehnen dies ebenso wie das „gute Dutzend“ junger Grüner ab. Für den JSR gelte ein überparteilicher Anspruch, abseits „parteipolitischer Flaggen“. Am Ende der Legislaturperiode aber, so Martin Römisch, Vorsitzender von 45 JuLis, sei der JSR eine „gern genommene Quelle für Nachwuchs“.