Buntes Hemd, bunte Sportschuhe und wilde Frisur täuschten: Alberne Scherzchen hatte man am Freitagabend in der Stadthalle nicht zu erwarten.

Aber das zahlreich erschienene Publikum wusste natürlich, was kommen würde: Urban Priol ist wohlbekannt aus der preisgekrönten ZDF-Sendung „Neues aus der Anstalt”. Auch dort bietet er politisches Kabarett vom Feinsten.

Und bei der aktuellen politischen Lage ist es auch kein Wunder, dass ihm die Haare zu Berge stehen: „Gibt‘s in dem Land denn keinen mehr, der noch einen Funken Anstand hat?”, fragt er nach Tiraden über die Bundeskanzlerin, den aktuellen und den zurückgetretenen Bundespräsidenten sowie Thilo Sarrazin und dessen viel beachtetes Buch. Das große Glas Weizenbier, das der „bekennende Bayer” Priol auf dem Tisch stehen hat, dürfte zum Ende hin recht abgestanden sein – vor lauter Eifer kam der Kabarettist nicht zum Trinken.

Übertriebene Rücksichtnahme übte Urban Priol übrigens nicht: Was ihm missfiel, das kommentierte er oft recht deutlich. Den Rücktritt von Horst Köhler beispielsweise: „Früher ham‘se Fahnenflüchtige erschossen!” oder der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Carstensen: „Den hab ich selbst fürs Krabben puhlen für zu blöd empfunden.” Man muss mit Priols Art vertraut sein und darf auch über keinen zu zartfühlenden Charakter verfügen, um solche Rundumschläge richtig einzuordnen. Wobei der Kabarettist ganz zu Recht sagt: „Ich muss gar nichts mehr machen: Die schreiben mir ja jeden Tag mein Programm selbst! Ich muss nur den Fernseher einschalten und die Tagesthemen gucken.” Die, das sind natürlich in diesem Fall unsere Politiker. Angela Merkel („das scheinheilige Oststück”) kann Priol übrigens ausgezeichnet parodieren, man denkt unweigerlich an Dieter Hallervorden. Aber auch andere Politikerparodien beherrscht er glänzend.

Ein weiteres Lieblingsthema war, momentan brennend aktuell, der Streit um den Bahnhofsbau von „Stuttgart 21”. Ebenso die Atomproblematik und das zunehmende verloren gehen der Privatsphäre durch soziale Netzwerke im Internet. „Und 1986 sind wir noch gegen die Volkszählung auf die Straße gegangen – das funktionierte noch mit Zettel und Bleistift!” Heute stelle ein jeder freiwillig private Daten ins Netz und bedenke dabei oft nicht die Konsequenzen.

Religion ist auch nicht Urban Priols Sache: So erfuhr das Mülheimer Publikum die interessante Parallele zwischen Bischöfin Margot Käßmann und dem Österreicher Rechten Jörg Haider: Beiden wurde eine alkoholisierte Autofahrt zum Verhängnis. Einmal mit 1,5 und einmal mit 1,8 Promille – und beide saßen dabei in einem VW Phaeton.

Und warum sich der Nissan „Pajero” in Spanien so schlecht verkauft, das möge der geneigte Leser bitte im Wörterbuch nachschlagen.

Priols Kommentar zu Papst Benedikt, der stets milde lächelnd zu sehen ist: „Weil sein Chef ans Kreuz genagelt wurde! Da hätte ich auch gute Laune!” Das Publikum war begeistert, wobei sich mancher vielleicht bei einigen Scherzen erst mal umschaute, ob die Nachbarn sich zu lachen trauten – und dann einzustimmen. Die meisten Besucher dürften nicht nur belustigt, sondern vielleicht auch ein Stückchen klüger den Heimweg angetreten haben.