„Früher haben wir für uns gekämpft, jetzt kämpfen wir für euch.“ Die Gewerkschaft gehört zu Claus Bernsteins Leben.
Der 65-jährige Mülheimer wurde am vergangenen Samstag für 50 Jahre Mitgliedschaft in der IG Bau geehrt. Neben ihm noch 18 weitere Jubilare, die dem Bezirksverband Mülheim-Essen-Oberhausen seit Jahrzehnten die Treue halten.
„Ich bin froh, zu einer Zeit gearbeitet zu haben, in der es Jobs im Überfluss gab“, erzählt Bernstein. „Um 1960 befand sich Deutschland noch im Wiederaufbau, und als Fliesenleger war man ein gern gesehener Gast.“ Mit Beginn seiner Lehre war es Vorschrift, sich einer Gewerkschaft anzuschließen. Doch Gewerkschaft bedeutete für den Rentner auch Gemeinschaft . „Die Solidarität steht bei uns an erster Stelle. Wir haben immer demonstriert und für unsere Ideale gekämpft.“
Doch worum ging es da vor 50 Jahren? „Neue Rahmentarifverträge, Zusatzrente, Insolvenzgeld oder auch Schlecht-Wetter-Geld“, so Gewerbesekretär Holger Vermeer. „Früher konnten wir noch gestalten und positiv verändern.“ Doch anstatt der zweistelligen Prozentsteigerungen, die in den 1970er Jahren gefordert wurden, ginge es heute um den stetigen Abwehrkampf. „Natürlich wollen wir mehr, aber momentan kämpfen wir fast ausschließlich um Instandhaltung alter Tarifverträge“, erklärt Vermeer.
Auch die Mitgliedszahlen der Gewerkschaft zeigen ein resignierendes Bild: Von den 1,1 Millionen gewerblichen Arbeitnehmern vor und 1,8 Millionen nach der Wiedervereinigung sind heute noch 720 000 Arbeiter in der deutschen Bauwirtschaft gemeldet. „Davon sind längst nicht alle in der Gewerkschaft“, so Vermeer. „Hartz IV hat allgemeine Verunsicherung gestiftet, die viele Arbeitnehmer dazu treibt, sich als Einzelkämpfer durchzuschlagen.“
Fragt man nach dem Warum, „ist man ganz schnell in der Politik, Wirtschaft oder Geschichte“, merkt Bernstein an. „Früher haben wir nur den Arbeitgeber gewechselt, wenn wir abgeworben wurden, heute schreibt man massig Bewerbungen um überhaupt einen Arbeitsplatz zu bekommen; egal in welchem Bereich.“
Doch resignieren oder gar sich abzufinden ist für Claus Bernstein keine Überlegung wert. „Am 21. November ziehen wir nach Dortmund und demonstrieren für das, was wir einst aufgebaut haben.“ Es gehe um Mindestlohn, Schlecht-Wettergeld und die Rente mit 67. „Mein Wunsch ist es, dass es sich wieder lohnt arbeiten zu gehen und dafür gehe ich auch jetzt noch auf die Straßen.“
Weitere Geehrte:
13 Mülheimer IG-Bau- Mitglieder wurden gewürdigt . 25 Jahre: Dieter Göldner, Günter Henning, Helmut Kahnert, Monika Kubitschek, Heinz Meissner, Heinz Moser, Claudia Otzipka, Eckart Wörns. 50 Jahre: Claus Bernstein, Emil Böing, Walter Hamer, Manfred Lischke 60 Jahre Mitgliedschaft: Bruno Franzkowiak