Seit 1927 produziert die Ruhrtaler Waffelfabrik in Mülheim Eiswaffeln, doch damit wird es in absehbarer Zeit vorbei sein.

Das Traditionsunternehmen mit dem Stammsitz am Schloßberg in Broich wird seine Backöfen nur noch bis zum September 2011 aufheizen. Die Produktion wird nach Gerwisch (Sachsen-Anhalt) verlagert. Betroffen sind rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den drei Firmen-Standorten in der Stadt. Auf einer Betriebsversammlung wurden die Beschäftigten am Freitagnachmittag offiziell über die Pläne der Geschäftsführung in Kenntnis gesetzt.

Die Ruhrtaler Waffelfabrik wurde 1927 vom Mülheimer Unternehmer Heinrich Jaspert in Broich gegründet. Die Eiswaffeln aus Mülheim wurden nicht nur für den deutschen Markt, sondern auch für Europa, Amerika und Südafrika produziert. Bis Anfang 2009 wurde die Fabrik als mittelständisches Familienunternehmen in der vierten Generation geführt und dann von der Firma Stenger Waffeln GmbH mit Sitz in Mayen (Rheinland-Pfalz) übernommen. Die Firma Stenger besitzt noch weitere Produktionsstätten in Brandenburg, Belgien und Polen.

Das Unternehmen fahre Verluste, zum Teil auch mit übernommene Verluste, sagte Kerstin Einert-Pieper. „Angebot und Nachfrage passten nicht zusammen.“ Schon im letzten Jahr seien Arbeitsplätze abgebaut worden. Die Ruhrtaler Waffelfabrik ist Mitglied im Unternehmerverband Mülheim, dessen Geschäftsführerin Frau Einert-Pieper ist. Das Eiswaffelgeschäft werde normalerweise im Frühjahr gemacht, erklärte sie. Umsatzverluste durch den langen Winter und der Verlust eines Kunden habe nun zu der Entscheidung des Unternehmens geführt, die Produktionsstandorte Mülheim und Rehfelde (Brandenburg) im ostdeutschen Gerwisch zusammenzuführen. Zuvor sei gemeinsam mit der Belegschaft versucht worden – etwa durch deren Verzicht auf das Weihnachtsgeld – den Standort zu erhalten. Nun werde ein Sozialplan samt Abfindungsregelung erarbeitet. Zudem sollen alle Mitarbeiter ein Angebot zum Wechseln nach Gerwisch bekommen.

Das dürften allerdings nur wenige höher qualifizierte Mitarbeiter in Erwägung ziehen, denn ein Großteil der Beschäftigten arbeitet in gering qualifizierten Bereichen, zum Beispiel als Packer. „Es wird schwierig für die Leute, wieder einen Arbeitsplatz zu finden“, sagt Torsten Gebehart, Gewerkschaftssekretär der NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten).

Der Beschluss löste bei der Mülheimer Wirtschaftsförderung Bedauern aus. „Wir bedauern, dass wir dieses traditionsreiche Unternehmen hier am Standort verlieren“, sagte Jürgen Schnitzmeier, Geschäftsführer von Mülheim & Business. Der neue Besitzer wollte die drei Standorte in Mülheim – eine weitere Produktionsstätte am Steineshoffweg sowie ein Lager an der Xantener Straße – an einem Ort bündeln. Die Mülheimer Wirtschaftsförderung, so Schnitzmeier, habe passende Standorte mit Industrieflächenausweisung vorgeschlagen, wo, wie gewünscht, ein Drei-Schichten-Betrieb sowie Geruchs- und Lärm-Emissionen in einem größeren Maße als in einem Wohngebiet möglich gewesen wären. Unter den Angeboten sei auch die ehemalige Firma Backring im Hafen gewesen.

„Die Vorschläge sind von der Unternehmensleitung aus unterschiedlichen Gründen verworfen worden“, sagte Schnitzmeier gestern. Man habe seitens der Wirtschaftsförderung alles Mögliche getan, um das Unternehmen zu halten und selbst Grundstückangebote aus Oberhausen und Duisburg vermittelt.