Das Symfoniorkester Kristiansand ist bei uns noch keine feste Größe. Was die Norweger unter Rolf Gupta im 1. Sinfoniekonzert in der Stadthalle boten, ließ allerdings keine Fragen offen.
Sie haben internationales Format und es ist nur zu hoffen, dass weitere Gastspiele folgen. Ein attraktives Programm gab’s mit Sibelius‘ Violinkonzert, Beethovens Eroica und vorweg der Tondichtung „Pan“ des Norwegers David Monrad Johansen, einer Musik zwischen Spätromantik und Impressionismus, in ihrer im besten Sinne holzschnittartigen Anlage aber durchaus eigenständig.
Über den Geigenpart des Sibelius-Konzerts schrieb Rudolf Hermes anlässlich der Aufführung tags zuvor in Duisburg von der „Gedankenwelt eines grübelnden Einsiedlers“, dem die „fremde Außenwelt“ des Orchesters gegenüberstehe. Das trifft einen entscheidenden Aspekt: Sibelius‘ op. 47 ist ja kein Violinkonzert in der Tradition eines Brahms oder Tschaikowski, pflegt nicht den Begriff des Konzertierens. Die geradezu autistischen Meditationen der Solovioline, vom Plenum „kommentiert“, ist ja eben nicht bruchlos eingegliedert in den sinfonischen Prozess. Da war Benjamin Schmid der ideale Interpret: Wie der 1968 in Wien geborene Geiger, einer der großen seiner Generation, gleich zu Beginn eben nicht das Hauptthema genussvoll auf dem Klangteppich ausbreitete, sondern den Gestus des In-sich-Gekehrten zum bestimmenden Element machte, das Individuum ohne den Rückhalt der Gruppe, verriet interpretatorische Größe. Dass dabei auch das Finale jeglicher „Folklore“ entbehrte und stattdessen der von Sibelius selbst benannte Danse macabre zu spüren war, versteht sich ebenso wie die geigerische Souveränität. Die wurde dann natürlich auch in der Zugabe der berühmten Passacaglia von Biber Ereignis.
Wesentlichen Anteil an der packenden Wiedergabe hatte das Orchester. Für die Eroica war da einiges zu hoffen. Kurz gesagt, die Norweger übertrafen alle Erwartungen, lieferten den fesselndsten Beethoven, den man sich denken kann. Wie Dirigent Rolf Gupta den schmalen Grat zwischen historisierender Ausdünnung und philharmonischem Überschwang eben nicht als goldenen Mittelweg kultivierte, sondern zum Ausgangspunkt elektrisierender Spannungsmomente machte, war einfach nur atemberaubend. Ein Saisonauftakt nach Maß.