„Ein Speldorfer fährt nicht über die Brücke nach Styrum“ – diese Aussage hörte man ironischerweise am Sonntag von vielen Zuschauern, die aber trotzdem sich auf den Weg ins Styrumer Ruhr-Stadion gemacht hatten.
1054 Zuschauer kamen bei Kaiserwetter zur siegreichen Heimspiel-Premiere des VfB an neuer Spielstätte. Mit dem 1:0 gegen die Sportfreunde Siegen hat das Team einen guten sportlichen Anfang gemacht, nun müssen die Fans nur mit dem neuen „Zuhause“ warm werden.
Der Abschied von der „Blötte“ fällt vielen von ihnen verständlicherweise schwer, trotzdem wollen sie dem neuen Zuhause eine Chance geben. Die Voraussetzungen könnten besser nicht sein: Durch die Beendigung des ersten Bauabschnitts ist der Spielbetrieb in der NRW-Liga gesichert, Sicherheitsauflagen wurden erfüllt und das neue Ruhr-Stadion böte weiteres Entwicklungspotenzial – vorausgesetzt die Mülheimer Haushaltslage macht einer zügigen Umsetzung des zweiten Bauabschnitts keinen Strich durch die Rechnung.
Sichtlich zufrieden zeigt sich Heinz Moseler, Leiter des Mülheimer Sport-Service über den ersten Eindruck (siehe „Drei Fragen an...“). Vor dem Spiel hatte er im Video-Interview auf der Vereinshomepage noch vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Grundlos, wie die Reaktion vieler Zuschauer am Sonntag zeigte.
„Es ist nicht schlecht hier, sie haben es gut gemacht. Natürlich haben die alteingessenen Speldorfer Trennungsschmerzen“, sagt Horst Pape. Die neben ihm stehende Hannelore Mayer stimmt lachend zu: „...und viele wollen nicht über die Brücke“. Acht Jahre lang stand sie als Kellnerin am Bierwagen im Stadion am Blötter Weg. „Ich bin aus Neugierde hier“, gibt sie freimütig zu. Das sieht ihre ehemalige Kollegin Beate Marschollek ähnlich: „Man möchte ja mitreden können.“
Ihr Mann, Tommy Marschollek, war 21 Jahre lang Oberkellner im VfB-Clubhaus. Auch ihm fällt der Umzug nicht leicht, trotzdem reduziert er das Problem auf die alles entscheidende Frage: „Entweder bin ich Fan vom VfB oder nicht?!“
Auf der Gegengeraden direkt am Nordeingang haben sich die meisten Fans stehend postiert – in direkter Nachbarschaft zu den Gästefans, die durch Zäune, einen Graben abgetrennt sind. „Der erste Eindruck ist gut, nur die Sonne blendet“, lobt ein Fan aus Dümpten. Wie sehr die Meinungen zwischen den Polen variieren, macht seine Frau deutlich: „Mir hat es am Blötter Weg besser gefallen, dort war es familiärer.“ Sie spricht damit vielen aus dem Herzen. Gastronomisch erscheint der neue Standort noch sehr provisorisch. Lange Wege vom Bierstand oder Grill zum Platz und zu den Toiletten hinter der Haupttribüne sorgen nicht gerade für Begeisterung. Ebenso ist nur ein Drittel der Sitzplätze der Haupttribüne nutzbar. Fan-Beauftragter Andreas Henseleit ist dennoch zuversichtlich: „Wir geben dem Verein Zeit, bestimmt ein Jahr.