Die Bezirksregierung ist mit der Geduld am Ende: Sollte der städtische Haushalt für die Jahre 2010/2011 erneut am Donnerstag vom Rat nicht verabschiedet werden, nimmt die Aufsichtsbehörde das Heft in die Hand.

Die Aufsichtsbehörde fragt jetzt an, ob sie davon ausgehen müsse, dass die Stadt Mülheim ihrer rechtlichen Verpflichtung zum Haushalt nicht nachkomme? Der städtische Haushalt ist die ureigenste Aufgabe der Kommune. In einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld weist Holger Olbrich von der Bezirksregierung auf die Gemeindeordnung hin. Da steckt Zündsoiff drin: „Das Innenministerium kann durch Beschluss der Landesregierung ermächtigt werden, einen Rat aufzulösen, wenn er dauernd beschlussunfähig ist oder wenn eine ordnungsgemäße Erledigung der Gemeindeaufgaben aus anderen Gründen nicht gesichert ist.“ Drei Monate nach Bekanntgabe der Auflösung des Rates wären Neuwahlen erforderlich.

Längst hätte der Haushalt für das Jahr 2010 verabschiedet sein müssen, seit sieben Monaten hat der Rat sich dazu nicht durchringen können. Die Fraktionen debattieren auch noch in diesen Tagen darüber, wo sich was einsparen ließe und wo nicht. Der Kämmerer ist aufgefordert, weitere Zahlen zu liefern. Hinter den Kulissen im Rathaus heißt es längst: Dieser Rat, in dem es keine gesicherten Mehrheiten seit der Kommunalwahl mehr gibt, ist entscheidungsunfähig. Die OB, die mehrfach an die Verantwortung aller Ratsmitglieder appelliert hat, hat es nicht geschafft, einen Konsens herzustellen. So steht der Rat ratlos vor einem 1000 Seiten umfassenden Haushalt mit Sparvorschlägen in Höhe von 60 Millionen Euro, aber auch vor einem politischen Trümmerfeld: Eine Mehrheit zur Verabschiedung des Haushaltes mit welchem Sparvolumen auch immer ist nicht in Sicht.

Streitpunkt bis zuletzt sind die drastischen Steuererhöhungen in dem Vorschlag der Verwaltungsspitze, die von CDU, FDP und MBI auf keinen Fall mitgetragen werden. Die SPD will sich wiederum nicht hinter das Konzept des Dreierbündnisses von CDU, FDP und MBI stellen, das einen drastischen Umbau der Stadtverwaltung fordert und einen Abbau von Standards.

Die Grünen haben sich mehrfach als Vermittler zwischen den Fronten versucht. Bis zum späten Freitagabend noch: Bei den Steuererhöhungen gab es keine Änderung, vor allem nicht bei der Gewerbesteuer, bedauert Annette Lostermann-De Nil, stellvertretende Fraktionschefin. Die Vermittlung sei gescheitert, sagt sie. CDU, MBI und FDP peilten eine Etatverabschiedung mit überarbeitetem Entwurf des Kämmerers erst im Dezember an. Die SPD lehne Koppelgeschäfte mit den Steuern ab. MBI und Linke würden dem Haushalt ohnehin nicht zustimmen. Lostermann-De Nil: „SPD und CDU müssen einen neuen Anlauf nehmen.“ Hoffnungen haben die Grünen nicht: „Beide Seiten sind momentan nicht mehr kompromissfähig.“

Alles kein Drama, meinen die Mülheimer Bürgerinitiativen, wenn der Haushalt erneut scheitern sollte: „Der Kämmerer wäre gezwungen, seinen wenig brauchbaren Etatentwurf endlich in Richtung Haushaltssanierung zu ändern. Und OB Mühlenfeld könnte nicht die nächste und übernächste Baustelle eröffnen lassen.“ Für die gestresste Stadt, so die MBI, könnte dies durchaus eine Erholung sein. Das Vorgehen der Finanzaufsicht bezeichnen sie als „Erpressungsversuch“.