Ab Juni 2011 sollen Empfänger von Hartz-IV, Sozialhilfe und Wohnungsgeld in der Stadt günstiger reisen können – der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr will ein Sozialticket einführen – als erster Verbund in Deutschland.
Finanzielle Belastungen für die Kommunen sollen nicht entstehen. Vertreter der Mülheimer Politik, Stadtverwaltung und Verkehrsbetriebe zeigen sich diesem Ziel gegenüber skeptisch.
Einigkeit herrscht bei den Fraktionen von Grünen und CDU in der Verbandsversammlung des VRR seit Montag, am Freitag soll die abschließende Entscheidung fallen. Erst dann kann laut Verkehrsverbund auch die Finanzierung geklärt werden – wie hoch etwa die Zuschüsse des Landes sein sollen und ob die Kommunen wirklich unbeschadet davonkommen. Das Sozialticket soll monatlich 22,50 Euro kosten.
„Von der Stadt gibt es keine Mittel“, sagt Mülheims Sprecher Volker Wiebels ganz klar. Mit dem Etat der Stadt seien eventuell anfallenden Kosten nicht zu vereinbaren – so gut die Grundidee des Tickets auch sei. Sabine Tkatzik, Sprecherin des VRR in Gelsenkirchen, weist darauf hin, dass die Kommunen laut dem ursprünglichem Ziel, formuliert im März, nicht belastet werden sollen. Näheres könne sie erst Ende der Woche sagen.
Zumindest solle aber der Modellversuch zum Sozialticket in Dortmund kein Vorläufer für die VRR-weite Einführung sein. Dortmund hatte 2008 ein Sozialticket zum Preis von 15 Euro eingeführt. Die Mehrkosten konnte die Stadt jedoch nicht mehr tragen – im Februar lief das erste eigene Sozialticket aus, eingeführt wurde eine doppelt so teure Variante. Folgen waren Kündigungen und drastisch sinkende Verkaufszahlen.
Diesmal laufe die Planung, so der VRR, zentral und aufgrund von Marktforschungsergebnissen. Klar sei laut Sabine Tkatzik dennoch, dass es mit einem städteübergreifenden Ticket immer Mindereinnahmen gebe. Dementsprechend äußert sich Olaf Frei, stellvertretender Sprecher der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG). „Wir freuen uns über jeden weiteren Fahrgast. Aber die Kosten dafür dürfen nicht bei uns bleiben.“
CDU und Grüne in der Zweckverbandsversammlung des VRR gehen davon aus, dass die Einführung des Sozialtickets für die Städte kostenneutral erfolgt, die neue Landesregierung habe explizit Mittel zugesagt.
Annette Lostermann-De Nil, stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen in Mülheim, begrüßt die Entscheidung des VRR zunächst. „Mobilität ist für den Lebensalltag von Geringverdienern sehr wichtig. Deshalb haben wir in der Stadt schon vor zwei Jahren den Antrag auf ein eigenes Sozialticket gestellt.“ Der Rat lehnte den Vorstoß der Grünen aus Kostengründen ab – umso froher ist die Partei nun über die VRR-weite Entscheidung. Ob die Kommune dazuzahlen müsse, sei laut Lostermann-De Nil noch Spekulation. Eva Weber, Geschäftsführerin der Mülheimer Grünen, ist sich noch nicht wirklich sicher: „Man will das Ticket, aber weiß nicht, wer’s bezahlen soll.“
Als noch völlig offen bezeichnet Claus Schindler, Fraktionsgeschäftsführer der SPD, die Finanzierungsfrage. „Funktionieren kann die Einführung nur mit einer anteiligen Finanzierung vom Land. Eine eigene Lösung für Mülheim halte ich nicht für möglich.“ Und auch beim Anteil ist Schindler skeptisch. Zumindest gebe es noch keinen Grund für Euphorie.