Das war's. Bye-bye" – den letzten, sentimentalen Eintrag schrieb ein Unbekannter an jenem Donnerstag in das Empfangsbuch: „Ein Stück Mülheimer Geschichte wird verbannt.”

„Für das Solbad am Raffelberg war am 31. Dezember 1991 letzte Schicht – 100 Jahre alt würde es genau heute werden.

Dabei kann man schon sentimental werden. Zumindest, wenn man die schöne, denkmalgeschützte Fassade des ehemaligen Kurhauses an der Akazienallee anschaut, die ebenfalls erhaltene Eingangshalle im Jugendstil und den dahinter liegenden Raffelbergpark. Finanziell hat sich die ehemalige Erholungsstätte freilich selten gelohnt: Zuletzt stehen die Kosten den angeblich rückläufigen Behandlungszahlen entgegen.

Dabei entdeckten Bergleute vor über hundert Jahren nicht nur, dass ein mineralisches Bad bei Gicht und Rheuma hilft, sondern ebenfalls die salzhaltige Quelle auf der Zeche Alstaden. „Dem Kranken zur Heilung, dem Gesunden zum Vergnügen" – mit diesen Wünschen weihte man am 15. Mai 1909 das Solbad auf dem Raffelberg ein, wo bereits seit 1888 eine Kinderheilanstalt war. Die Sole leitet man durch eine 2,5 km lange Pipeline bis an den Ort.

Ein „Lichtblick nach einer langen Phase der architektonisch trostlosen Öde": Das hohe Lob der „Neudeutschen Bauzeitung" bekam das Solbad bereits kurz nach seiner Gründung. Sein Jugendstil und seine damalige Lage am so genannten „Ruhrprallhang” begeistert die Fachpresse.

Als der 800 Plätze zählende Kursaal am 31. Dezember 1911 eröffnet wurde, beginnt im Solbad ein gesellschaftliches Leben mit Konzerten und Veranstaltungen. Während des Ersten Weltkriegs verdrängt das Lazarett die Bühne und die weltweite Rezession führt auch das Kinderheim Ende der 20er Jahre in die finanzielle Krise.

Ein Abwärtstrend, der im Zweiten Weltkrieg andauert und sich erst wieder in den Wirtschaftswunderjahren der 60er Jahre fängt. Dann erlebt das Solbad jedoch noch einmal eine Renaissance. 1973 macht die Zeche Alstaden dicht, damit versiegt die Sole zunächst, fließt dann aber von der Oberhausener Zeche Concordia. Ein Jahr später ist das Solbad finanziell angeschlagen – das Aus kommt Ende 1991.

Viele Konzepte, die ehemalige Erholungsstätte samt Parkanlage etwa zu einer Luxustherme im ostasiatischen Stil mit Hotel und Casino umzubauen, scheiterten unter anderem an der Bürgerinitiative Raffelberg. Bereits 1981 zieht Roberto Ciulli mit seinem Theater in den Kursaal ein. Für eine Spielstätte wird das Haus von 1994 bis 1997 saniert und ist heute wieder das, was es schon einmal war: ein Ort des gesellschaftlichen Lebens.

Nur einmal noch öffnet man das Bad vor dem Umbau: Als 1992 das Kunstmuseum wegen Renovierung geschlossen wird, lässt man die Jahresausstellung ins Solbad einziehen. 42 Künstler bekommen ihren eigenen Raum zwischen Inhalator, Holzbadewanne und Ruhepritschen.

Fotograf und Künstler Heiner Schmitz erinnert sich mit Schmunzeln daran: „Es wurde an den Wochenenden so voll, dass wir um vier Wochen verlängerten.”