Der Vergleich ist drastisch, kommt aber aus tiefstem Herzen. „Wie im Schweinetransporter“ fühlt sich die Dame gerade.

Eingepfercht zwischen anderen Fahrgästen, zwischen Rucksäcken, Aktentaschen und Schirmen, steht sie in der Straßenbahn der Linie 102, die selbst seit zehn Minuten still steht, weil nichts mehr geht. Kein Stehplatz ist in der Tram noch frei, dennoch drängen die Menschen nach, weil sie mit möchten zur Schule, zur Arbeit. Allmorgendlich herrscht Chaos in Dümpten.

Morgens um halb acht am Halt „Auf dem Bruch“ und alle haben den Kaffee auf – sogar die, die noch keinen trinken. „Zwei Bahnen sind schon ausgefallen“, sagt die 14-jährige Melinda und schaut zum x-ten Mal zur Anzeigetafel. 13 Minuten leuchtet da auf – erstaunlich für eine Bahn, die im Zehn-Minuten-Takt fährt.

Dann endlich, mit über 20 Minuten Verspätung, kommt die 102. Die Sitzplätze sind besetzt; man sucht sich einen Winkel zum Stehen. Eng ist es da schon – doch an der nächsten Station warten noch mehr Leute. „Durchgehen!“ rufen die von draußen und drinnen quetscht man sich zwischen die Sitzbänke. Die Luft ist stickig, die Fenster sind beschlagen, die Laune wird zusehends schlechter. Noch eine Haltestelle weiter und die dort Wartenden, die keinen Termin haben, lassen die Bahn freiwillig ziehen. An der Haltestelle Bessemerstraße ist endgültig Schluss. Die Türen streiken. Der Fahrer muss nachsehen. Man sieht ihn an der Bahn vorbeigehen, ganz tief durchatmen; auch er ist genervt. „In zehn Minuten beginnt meine Klausur“, verkündet ein Mädchen, ein Junge weiß nur einen Rat: „Das Beste ist Laufen.“

Nach 15 Minuten Wartezeit müssen alle aussteigen. Das sei eine Ausnahme, räumt die 15-jährige Yola Petersen ein, aber voll sei es immer. Auch Madita Kersten kennt das Gedränge. Fast entschuldigend klingt es, als sie sagt: „Wir müssen einsteigen; wir wollen ja nicht zu spät zur Schule kommen.“ Die Mädchen sind aber entspannt, ihre Geschwister hingegen schreiben eine Englischarbeit. Die hätten jetzt Druck, sagt Madita. Und just in diesem Moment fährt die Bahn ab – ohne Fahrgäste, denn bei defekten Türen dürfen die zur Sicherheit nicht mehr mitfahren. Würde nicht die nächste Bahn bereits warten, wäre die Aufregung wohl größer, als sie ohnehin ist. „Warum“, fragt ein Herr, „setzen die hier keine Hänger mehr ein? Die wissen doch, was los ist.“

Bei der MVG ist man jedoch sicher: „Würden alle Bahnen fahren, bräuchten wir dort keine Doppelwagen.“ Aber es fahren aktuell eben nicht alle Straßenbahnen. Zwei, sagt MVG-Sprecher Nils Hoffmann, seien „kapital defekt“, und das sorge für Engpässe. Allerdings liefen gerade Kundenzählungen. Seien die Kundenströme erfasst, könne man die Linien anpassen.

Das ist hilft aber aktuell nicht. Zusätzliche Straßenbahnen aus anderen Städten – immerhin kooperiert man mit Essen und Duisburg – könne man nicht bekommen. „Da knackt es auch an allen Ecken und Enden.“ Und die Reparaturen ziehen sich. Entspannung ist auch in der kommenden Woche nicht in Sicht. Im Gegenteil: Auch bei der Linie 104 wird es zu Stoßzeiten eng werden. „Wir müssen unsere Liebe momentan ein wenig verteilen.“ Viel Gegenliebe können sie von ihren Kunden momentan nicht erwarten.