Bei den Linken war so richtig was los im ersten Jahr nach der Wahl. Ein Hauch von Dallas spielte sich in der Partei ab, jeder gegen jeden. „Ach, ist es jetzt entspannt dagegen. Wir arbeiten in einem super angenehmen Klima“, sagt Ratsherr Achim Fänger.

Fänger steht inzwischen als Parteiloser für Linke ohne Die. Ebenso wie seine Kollegin, Carmen Matuszews­ki. Auch sie verließ Die Linke, blieb im Rat und macht nun Linke-Politik.

„Ich weiß“, sagt Fänger, „für den Bürger war das anfangs sicherlich sehr verwirrend. Erst recht, als „Linke in Mülheim“ sich mit dem einzigen Vertreter des Wählerbündnisses WIR, Gerhard Schweizerhof, zusammentat und eine neue Fraktion Wir/Linke bildete. Auf der anderen Seite steht noch das Die vor Linke, dahinter verbirgt sich Gabriele Rosinski, für die Ausgetretenen der Auslöser der Spaltung. Sie sagt heute: „Es war ein turbulentes Jahr, aber kein verlorenes. Wir sind arbeitsfähig.“ Viele Ehrenamtliche habe sie als Mit- und Zuarbeiter gewinnen können. Nach der Spaltung sei es in jedem Fall wieder bergauf gegangen.

Auf sechs Prozent kamen Die Linken bei der Kommunalwahl in Mülheim und zogen erstmals in den Rat ein. Danach gab es nur Machtkämpfe um Posten und Einfluss, aber von der Art, wie es sie Mülheim noch nicht erlebt hat.

Nicht nur Carmen Matuszewski und Achim Fänger verließen die Partei, weil sie sich hintergangen, gemobbt, ja bedroht und verletzt fühlten. Von Abstrafungen berichteten ehemalige Vertreter von der Partei Die Linke. Selbst Familien, hieß es, seien mit in die Auseinandersetzungen gezogen worden, sogar in einem Fall der Arbeitgeber. Bei einer Mitgliederversammlung soll es gar zu Handgreiflichkeiten gekommen sein, von Tumulten war die Rede. Mitglieder wollten sich gegenseitig die Getränke ins Gesicht schütten. Mancher sei aus Angst geflüchtet. Auch das Wort „Hass“ tauchte auf. Die Parteispitze unter Nina Eumann versuchte mehrfach die Wogen zu glätten, wieder einen Weg zur Normalität zu finden. Dieser, so Gabriele Rosinski, sei erreicht. „Es wird intensiv gearbeitet. Sehr basisnah.“

Sie nennt sich inzwischen Ratskollektiv Die Linke und meint damit auch die drei Bezirksvertreter und ehrenamtliche Kräfte. Man hat ein Büro an der Kämpchenstraße, das täglich besetzt ist, bereitet Anfragen und Anträge vor. „Arbeit und Soziales sind und bleiben unser Schwerpunkt.“ Wer Hilfe bei Amtsgängen benötigt, wird begleitet. „Rat und Tat“ – für Gabriele Rosinski macht das Kommunalpolitik aus. Zu den anderen Parteien habe sie Kontakte, sie sieht sich mit ihrer einzigen Stimme aber nicht als Zünglein an der Waage.

Bei Wir/Linke in Mülheim sind es schon drei Stimmen und bei der unkalkulierbaren bunten Gemengelage des Rates, weiß Fänger, komme es durchaus hier und da auf die Neuen an. Erst recht, wenn sich der Block CDU, FDP und MBI als halbwegs stabil erweisen sollte. Mit den drei Stimmen wäre das im Rat eine Mehrheit. „Das kann Fluch und Segen sein.“

Doch das Links-Team um Fänger sieht sich nicht als Mehrheitsbeschaffer. „Wir fühlen uns als einzige echte Oppositionskraft in der Stadt.“ Sie seien die Einzigen, die komplett jegliche Kürzungen für die Bevölkerung ablehnten, ebenso die Erhöhungen. Haushaltssanierung? Da sei der Bund gefordert. Den Aufbau Ost hinterfragt Fänger genauso wie die Pläne anderer Fraktionen, Personal in der Stadtverwaltung zu kürzen. „Wir sind dagegen, weil so auch Arbeitsplätze verloren gehen.“ Außerdem sei man für die Rekommunalisierung, und das bedeute für eine Stadtverwaltung eher mehr Arbeit.

Das Sozialticket bleibt eine herausragende Forderung, ebenso die nach einer weiteren Gesamtschule. Es wird wieder viel über Mülheim geredet. Dallas scheint vorbei.