Den heftigen Schlagabtausch, den mancher Besucher erwartet hatte, gab es nicht. Vielmehr dominierte auf der Bürgerversammlung zum geplanten „Petrikirchenhaus“ auf dem Kirchenhügel der Beifall.
Die kritischen Töne der vergangenen Monate blieben eindeutig in der Unterzahl. Von einer Verschandelung der Altstadt, der Zerstörung einer Postkarten-Idylle jedenfalls sprach keiner mehr an diesem Abend. Hat sich die Bürgerschaft mit dem Vorhaben angefreundet oder war die erwartungsfreudige Gemeinde an dem Abend nur sehr gut vertreten?
Voll besetzt ist der Saal im Martin-Luther-Haus, wo nur wenige Meter entfernt der Sponsor und Förderer Ulrich Turck das Gebäude errichten will – genau an der Stelle, wo schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg ein Gebäude stand. Das Bauwerk mit zwei in der Höhe versetzten Giebeln und drei Ebenen soll die Historie wieder aufgreifen, es soll kirchlichen, sozialen und kulturellen Zwecken dienen. Und es wäre ein Geschenk, das eine von Turck gegründete Stiftung finanziert.
Immer wieder hatte es zuletzt Bedenken gegeben, insbesondere der Eigentümer der angrenzenden Mausefalle hatte sich sehr kritisch geäußert, beklagt, dass durch den Bau das Gesicht der Altstadt verloren gehe und die Mausefalle verdeckt werde. In der Politik gab es Zweifel, ob solch ein Objekt nicht viel zu mächtig sei an dieser Stelle. Stadtführer Hans-Georg Hötger berichtet von Gesprächen in der Altstadt: „Die Menschen haben Angst vor einem Klotz.“
Brigitte Vahsen, ein Gemeindeglied, warnt davor, der Nörgel-Kultur freien Lauf zu geben. „Wir sollten es mal positiv sehen, die Kirche bekommt hier ein Haus geschenkt, das sie gut gebrauchen kann.“ Warum sollte man sich heute darüber den Kopf zerbrechen, ob das Bauwerk noch in 60, 70 Jahren in die Zeit passe? Sie bekommt viel Beifall.
Ebenso wie der junge Nachbar von der Kettwiger Straße, der sagt: „Das Gebäude passt, fügt sich gut ein und erhält eine tolle Nutzung. Hier wird wertvolle Arbeit für junge Leute geleistet.“ Unter anderem soll die Singschule der Petrikirche dort Übungsräume bekommen. Und noch einer wird mit Beifall bedacht, ein Vertreter des CVJM-Heims, gleich um die Ecke. Er spricht von einer guten Planung und erwartet durch das Petrikirchenhaus eine Belebung der Altstadt.
Architektonisch soll sich der Neubau vor der Petrikirche entlang der Bogenstraße an den historischen Vorbildern orientieren. Der Architekt Peter Schnatmann spricht von einem Stück Reparatur. Er versichert, dass es eine enge Abstimmung mit der Denkmalbehörde geben werde und er ist überzeugt, dass an dem Ort wieder so etwas wie eine „mittelalterliche Enge“ entstehen werde, zwei mittelalterliche Plätze. „Eine Attraktion.“
Kleine enge Gassen, eine Kirchenfassade, die zugebaut werde – was soll daran attraktiv sein? fragt ein Bürger. Ihm gefällt das Konzept gar nicht. Wie einem älteren Herrn, dem das Projekt schon im Vorfeld viel zu euphorisch verkauft werde . Die angekündigte städtebauliche Qualität könne er in den Entwürfen nicht erkennen, auch nicht die angeführte ursprüngliche Ringbebauung in der Altstadt.
Die Kosten gehen anderen nicht aus dem Kopf. Wie soll die Kirche, die mit immer weniger Steuergeldern auskommen und an vielen Stellen kürzen muss, so etwas finanzieren? Der kirchliche Etat, betont Turck, werde nicht belastet. Auch für die Erhaltung komme die Stiftung auf. Nur die Betriebskosten werden auf der Gemeinde lasten, aber sie könnte durch Vermietungen im Martin-Luther-Haus, wo sie auszieht, Einnahmen erzielen. Soweit die Rechnung, von der Turck weiß: Er muss noch viele Klinken putzen, um über eine Million Euro für das Bauwerk zusammenzubekommen.