Am Montag wird Teil zwei des lang erwarteten Bildungs-Entwicklungsplanes im Fachausschuss diskutiert. Die SPD warnt vorbeugend und dringend davor, schon jetzt über eine Schließung bestimmter Schulen zu sprechen.
Denn was bisher vor allem bekannt wurde, sind Schülerzahlen: deren Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren und die Prognosen bis 2020. Danach müssen vor allem die Hauptschulen mit einem regelrechten Einbruch rechnen. Nach dem ungünstigsten Szenario auf nur noch 378 Kinder und Jugendliche, wo es derzeit noch 827 sind. In der Primarstufe könnte die Summe der Schüler von heute 5547 auf 5109 sinken.
Es sei „extrem wichtig“, meint nun Mathias Kocks als bildungspolitischer Sprecher der SPD, „dass keine voreiligen Schlüsse gezogen werden“. Noch weiter wagt sich sein Fraktionskollege Johannes Gliem vor, indem er an Vertreter der Mülheimer Presse appelliert: „Falls einzelne Schulen beim Namen genannt werden, schreiben Sie das nicht!“ Die SPD befürchtet vor allem, dass die im Oktober anstehenden Grundschulanmeldungen von Schließungsgerüchten beeinflusst werden könnten, „das wäre fatal“.
Vielmehr müsse man, im Hinblick auf Chancengleichheit, bei jeder Schule auch andere Kriterien betrachten: Qualitätsanalyse, Lehrerversorgung, Einzugsbereich. Dies ist übrigens im Sinne der Bildungsforscher Prof. Dr. Gabriele Bellenberg (Ruhr-Uni Bochum) und Dr. Ernst Rosner (TU Dortmund), die mit dem Gutachten Ende 2009 beauftragt wurden.
„Schülerzahlentwicklungen allein“, schreiben sie im zweiten Teil ihres Berichtes, der Ende August veröffentlicht wurde, sollten „kein Kriterium für den Fortbestand oder die Schließung einer Grundschule sein“. Eine Rolle spiele auch der Zustand des Gebäudes, die pädagogische Qualität, die Erreichbarkeit einer alternativen Schule. Auch für den Bereich der Sekundarstufe 1 und 2 fordern die Wissenschaftler: Bei der Entscheidung über Schulstandorte „sollten qualitative Fragen im Vordergrund stehen“.
Generell sehen die Forscher in Mülheim eine „in keinem Fall problematische Bildungssituation“. Einige Indikatoren seien sogar besser als der NRW-Durchschnitt, etwa der „Sozialindex“ (ermittelt aus: Arbeitslosen-, Sozialhilfe-, Migranten- und Einfamilienhausquote) oder der Anteil der Abiturienten unter den Schulabgängern (38 % gegenüber landesweit 29 %). Einige erste Handlungsempfehlungen geben die Gutachter bereits, etwa zur Weiterentwicklung der Ganztagsangebote, die positive Wirkungen u.a. auf die Deutsch- und Mathematiknoten hätten, aber auch Schulunlust mindern könnten.
Nach Ansicht nicht nur der SPD, sondern auch von Verwaltungsvertretern sollen alle Beteiligten und Betroffenen in die Debatte um den Bildungsentwicklungsplan eingebunden werden, sobald dieser komplett vorliegt. Sprich: Eltern, Schüler, Lehrer, Institutionen, Vereine, Verbände.
Mit dem Abschlussbericht rechnet zwar niemand vor November. Gesprächsstoff für die Sitzung des Bildungsausschusses am Montag gibt es aber schon mehr als genug.