Die Genießervereinigung „Slow Food“ sieht sich als Gegenbewegung zum „Fast Food“ und der Massenproduktion von Lebensmitteln, und will die Kultur des Essens und Trinkens pflegen. Künftig auch in Mülheim.

Denn der Verein, der mit 77 Convivien (von Convivium, lat. für Tischgesellschaft) deutschlandweit vertreten ist, hat soeben eine neue Tafelrunde gegründet: mit 27 genussfreudigen Menschen aus Mülheim, Bottrop, Essen und Oberhausen .

Hier an der Ruhr gibt es fünf Aktive, zwei davon sind Jürgen und Reinhild Brinkmann. „Wir sehen uns,“ erklärt Jürgen Brinkmann aus Saarn, „als engagierte Speerspitze gegen das Fast Food.“ Brinkmann ist überzeugt: „Gutes Essen muss nicht teuer sein, ist aber viel schmackhafter als die FastFood-Angebote.“

Die modernen Ritter der Tafelrunde verteidigen ihre Esskultur mit Messer und Gabel und haben dabei durchaus Sendungsbewusstsein: „Uns liegt am Herzen, dass es in den Kitas und Schulen anstatt Schokolade und Gummibärchen lieber ein schmackhaftes Pausenbrot gibt.“ Mit Essener Schulen sei man schon im Gespräch, klappt das gut, will man auch in Mülheimer Schulen Veranstaltungen anbieten.

Die Brinkmanns sind aus Stuttgart, kamen über Bielefeld an die Ruhr, leben heute in Saarn. Gegessen, so darf man annehmen, haben sie überall gut. „Wir kochen gerne“, betont Jürgen Brinkmann, und dass bei ihnen nur Frisches auf den Tisch kommt. Auf dem Saarner Markt sind die Brinkmanns Stammkunden, Melde und Stielmus, das kannten sie aus Stuttgart nicht. Auch die regionale Küche steht bei Slow-Foodlern hoch im Kurs.

Als in Essen der neue Slow Food-Stammtisch (der „Schneckentisch“ heißt, nach dem Wappentier der Slow-Foodler) gegründet wurde, waren das Ehepaar Brinkmann gleich dabei. Es gab einen regen Austausch über gute Lebensmittelproduzenten und Händler, eine Adressenliste ist schon in Arbeit, die auf verantwortliche Landwirtschaft, artgerechte Viehzucht und Bewahrung der regionalen Vielfalt achten wird. „Man schmeckt den Unterschied,“ sagt Jürgen Brinkmann. Slow Food, erklärt er, sei nicht unbedingt Bio, eher eine Philosophie: „Wir möchten zum Beispiel alte Obst- und Gemüsesorten bewahren“, erzählt er. Und über die hervorragende Fleischqualität des Bentheimer Schweins gerät er geradezu ins Schwärmen.

Kaufen beim Erzeuger gehört zur Philosophie der Slow-Foodler. Man müsse die Augen offenhalten: Wo gibt’s gute Butter, schmackhafte Kartoffeln, frisches Gemüse? Auch über gute Weinlieferanten und Restaurants will man sich am Schneckentisch austauschen, Kochkurse veranstalten. Und gemeinsam essen, natürlich.

Dass die Slow-Food-Versorgung zu teuer ist, will Jürgen Brinkmann so nicht gelten lassen. „Bei gut kalkulierter frischer Ware hat man ja auch weniger Verlust“, sagt er, eingeschweißte Ware habe eben oft nicht die Haltbarkeit. Und was die Qualität angehe – „wenn 100 Gramm Hähnchenflügel nur noch 30 Cent kosten, da kommt man doch ins Grübeln.“

Der Slow Food-Gedanke sei natürlich aufwändiger umzusetzen, wenn man zwei-, dreimal pro Woche Frischwaren einkauft, räumt Brinkmann ein. Und es sei auch nicht so einfach, wenn man eine große Familie ernähren müsse – aber: „Man kann es wenigstens teilweise umsetzen.“

Übrigens isst Herr Brinkmann schon mal einen Schokoriegel und sogar – ‘ne Currywurst. „Wir sind bei Slow Food ja keine Religionsgemeinschaft, die das große Heil verkündet,“ schmunzelt er. „Wir haben alle Spaß am Genuss.“