Andere sehen einfach durch sie hindurch, ohne sie weiter wahrzunehmen. Christian Schulte allerdings schaut von Berufs wegen genau auf die Rahmen-Bedingungen: Er restauriert Fenster im Schloß Styrum.
Aktuell restauriert Schultes Team von „Mühlenhof Restaurierungen“ die Fenster im Schloß Styrum und muss dabei funktionale, optische und energetische Aspekte vereinen.
In der oberen Etage sind nur die Rahmen übrig. Mit Spezial-Fön und Spachtel bearbeiten die Restauratoren sie. Ein beißender Geruch ist die Folge, die Farbe löst sich unter dem heißen Strahl vom hölzernen Untergerund und wird in Streifen abgeschabt. Schicht um Schicht landet in Fetzen auf dem Fensterbrett. „Wir entfernen bis zu acht Schichten Farbe“, sagt Christian Schulte und zählt sie einzeln auf: von der Leinölfarbe ganz unten bis zu den Lacken der Neuzeit. Einfach überstrichen wurde wieder und wieder, bis die Farbe am Ende so dick war, dass einige Fenster kaum noch geöffnet werden konnten, weil Schienen verklebten. Nun wird das Holz entlackt, geschliffen und mit vier dünnen Schichten Farbe versehen – mit historisch korrekter Leinölfarbe. „Platt gesagt: Die neuen Fenster sollen aussehen wie die alten“, so Heike Blaeser-Metzger, MST.
Der Marketinggesellschaft gehören einige denkmalgeschützte Immobilien: das Styrumer und das Broicher Schloß, die Stadthalle, die Camera Obscura und der Ringlokschuppen. Deshalb weiß Heike Blaeser-Metzger, dass man es nicht „platt sagen“ kann: Denn die Gebäude sollen zwar alt aussehen, aber zugleich modernen Anforderungen genügen. Den Brandschutz führt sie als Beispiel an.
Ebenso wichtig sind heute energetische Überlegungen. Und da ist man schnell wieder bei den Fenstern. Diese, sagt André Kuschel vom Mülheimer Wohnungsbau „sind die energetischen Schwachstellen eines Gebäudes“. Die Wohnungsbaugenossenschaft übernimmt in MST-Immobilien die Hausmeister-Funktion und beaufsichtigt die Restaurierung in Styrum. Diese hat natürlich auch das Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren. Neu abgedichtet und verfugt wurden Fenster deshalb, und da, wo es ging, wurde gedämmt. Ein Fach unter der Fensterbank beispielsweise wurde mit Dämmmaterial gefüllt. Normalerweise kann man dort das Fenster komplett versenken. „So etwas habe ich vorher noch nie gesehen“, sagt der Denkmalpfleger. Doch so einmalig dies ist, genutzt wurde das früher nie.
„Wir orientieren uns immer am Original“, betont Schulte. Deshalb bleiben die Fenster im Restaurant einfach verglast. Um die Strahlungskälte zu reduzieren, wurden vielmehr Gitter in die Fensterbänke eingelassen, um die Wärme von der Heizung darunter nach oben zu lassen. Auch das ist eine Schwierigkeit der MST-Denkmäler, sagt Heike Blaeser-Metzger: „Sie werden intensiv und unterschiedlich genutzt.“ Im Schloß Styrum gibt es neben dem Restaurant, eine Altentagesstätte, Künstlerateliers und ein Aquarium.
Und es gibt circa 100 Fenster. Schiebefenster mit kompliziertem Gegengewichtsystem sind darunter, Fenster mit Bleiverglasung, mit Gittern davor und und und. Der erste Bauabschnitt wurde bereits 2009 fertiggestellt, der zweite läuft seit August und wohl noch bis November 2010. Rund 200 000 Euro kostet die Maßnahme insgesamt, 25 Prozent fördert das Land.