Mülheim. .
Die Stadt Mülheim hat immer noch keine Frauenberatungsstelle – und das, obwohl der politische Beschluss dazu inzwischen 19 Monate alt ist. Bislang gibt es in Mülheim für Frauen in Not nur das Frauenhaus.
Die FDP hat das Thema für heute auf die Tagesordnung im Gleichstellungsausschuss gebracht. Mit dem Vorschlag, dem Rat zu empfehlen, dass auch andere förderfähige Vereine den städtischen Zuschuss für eine Frauenberatungsstelle beantragen können.
Das Geld für eine Einrichtung für Frauen in Notlagen kann zu 85 % beim Land beantragt werden. Auch für den städtischen Zuschuss muss ein förderfähiger Verein Träger der Beratungsstelle sein. Das soll in Mülheim „Hilfe für Frauen e.V“ sein, der seit bereits 16 Jahren das Frauenhaus betreibt. Die FDP begründet ihren Antrag damit, dass der Verein „Hilfe für Frauen“ seit Februar 2009 nicht in der Lage sei, eine Frauenberatungsstelle einzurichten.
Häusliche Gewalt macht um Mülheim keinen Bogen
Der Förderantrag liege zur Bearbeitung beim NRW-Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, weiß die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Antje Buck. Sie wartet schon seit Jahren auf eine Beratungsstelle für Frauen in Notlagen. Denn das Phänomen der häuslichen Gewalt, dessen Opfer meist weiblich sind, macht um Mülheim keinen Bogen.
Von rund 180 Fällen im Jahr, die bekannt werden, geht Antje Buck aus, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Während in den umliegenden Städten Frauen in einer Notsituation Hilfe und Unterstützung finden, gibt es für die Mülheimerinnen, die zu Hause von Gewalt bedroht sind, keine Beratungsstelle. „Ich werde einmal pro Woche damit konfrontiert, dass eine verweinte Frau hereinkommt und sagt: Ich gehe hier jetzt nicht mehr weg, ich brauche Hilfe“, sagt Antje Buck. Ihre Kollegin, die Türkisch spricht, wurde sogar mehrmals in der Woche von Migrantinnen um Hilfe gebeten.
In der Not gibt es in Mülheim nur das Frauenhaus
Manche Frau hat sich in ihrer Not an die Beratungsstellen in Essen oder Duisburg gewandt – doch das ist auf Dauer bei knapper Stellenbesetzung für auswärtige Frauen nicht zu leisten. Die Frauenärztin Dr. Eva Niedziella-Rech kennt ebenfalls Gewaltopfer aus ihren Sprechstunden („das ist alltägliches Brot“) und wünscht sich endlich eine Adresse in Mülheim, die sie guten Gewissens weitergeben kann. Die Ärztin und die Gleichstellungsbeauftragte sitzen am „Runden Tisch gegen häusliche Gewalt“. Dieser Arbeitskreis, dem neben Frauenschutzeinrichtungen und Parteien auch die Polizei angehört, kam längst zum Schluss, dass es ein unverbindliches Gesprächsangebot für Frauen in Mülheim geben muss, die nicht gleich mit ihren Kindern den Schritt ins Frauenhaus machen wollen. „In der höchsten Not wird Frauen dort geholfen, aber es gibt in Mülheim keine beratende Hilfe für ein neues Lebenskonzept“, sagt Eva Niedziella-Rech. Und Antje Buck ergänzt, dass ja nicht alle Paare, in denen Gewalt die Beziehung bestimmt, auch gemeinsam in einem Haushalt leben.
„Frauen leben oft sieben Jahre und länger in schwierigen Beziehungen“, weiß Antje Buck, „sie sind dann oft gar nicht mehr in der Lage, sich etwas zuzutrauen.“ Die Erfahrung von Gewalt verändere eine Persönlichkeit, „das muss erst gesunden“. Dabei brauchen die Frauen Hilfe – am besten in der eigenen Stadt.