Der Traum vom Fliegen – 1925 wurde er für viele Bewohner des Ruhrgebiets wahr. Die meisten kannten Flugzeuge höchstens von Bildern, nun hatten Essen und Mülheim ihre eigene Startbahn in Richtung weite Welt.
Die damit schon ein bisschen näher gerückt war. Tausende Schaulustige kamen am 31. August 1925, dem Eröffnungstag, zum Platz an der Stadtgrenze, damals 130 Hektar groß. Am 1. September nahm die Luftverkehrsgesellschaft Ruhrgebiet AG („Lurag“) den Passagierbetrieb auf, die später in die Deutsche Luft-Hansa überging. „Mit dem Flugplatz bekam das Ruhrgebiet Anschluss an die technischen Entwicklungen der Zeit“, erklärt Frank Radzicki, der in Eigenregie das Essener Luftfahrtarchiv betreibt. „Flugzeuge boomten so richtig, im Umkreis schossen die Plätze aus dem Boden – auch in Dortmund und Düsseldorf.“ Beide Städte waren für damalige Verhältnisse allerdings weit entfernt, die A52, so Radzicki, ein „besserer Feldweg“.
Umso stolzer waren die Essener und Mülheimer auf die Fabrikate Junkers F.13, G.24 oder JU-52, die als Eindecker und aus Aluminium gebaut zunächst vier, dann 24 Passagiere transportieren konnten. „Und zwar, mit Zwischenlandung, schon bis London oder Moskau“, erklärt Radzicki. In den 90er Jahren stellte der heute 46-jährige Essener zum ersten Mal historische Fotos aus und ist heute in der Arbeitsgemeinschaft Flughafen und Ökologie (AGFÖ) aktiv, die sich für den Erhalt des Flughafens stark macht.
1925 brachte es der Platz Essen/Mülheim schon auf 500 bis 700 Flüge, 1937 gab es sogar schon rund 5000 Flugbewegungen mit 15000 Passieren. „Die Entwicklung ging damals rasant voran“, so Frank Radzicki. „Und das Ruhrgebiet rangierte bei den Plätzen ganz oben. 1939 galt unser Flughafen als feste Größe im deutschen und internationalen Luftverkehrsnetz.“
Mit Kriegsbeginn endete die Glanzzeit abrupt – die militärische Nutzung verdrängte den Passagierbetrieb. Ab 1939 waren die ersten Fliegerstaffeln stationiert, 1941 erfolgte der Ausbau für die neuen Zwecke. „Aus dem kreisrunden Flugfeld entstand eine geradlinige Startbahn“, erklärt der Experte. „Zuvor waren die Flieger in die Richtung gestartet, die der Wind vorgab.“ Die Ausrichtung der Bahn ist bis heute geblieben, Linienbetrieb gab es in Essen/Mülheim nie wieder. „Die ersten Segelflieger starteten schon 1951, ab 1959 wurde auch der Passagierbetrieb wieder eingeführt. Aber nicht mehr in dem Maße wie früher.“
Bis heute starten, so Radzicki, noch vereinzelte Geschäftsflüge, außerdem gibt es Schulbetrieb und Rund-, Ambulanz- sowie Motorflüge – insgesamt jährlich rund 47000 Flugbewegungen. Diesen Betrieb will die AGFÖ bewahren, sagt der Historiker. „Ausbauen wollen wir den Flughafen gar nicht.“ Aktuell sei der Platz ein Zuschussbetrieb, räumt er ein. „Doch würde man ihn wirtschaftlich gut nutzen, könnte er sich im Wesentlichen selbst tragen.“
Die Arbeitsgemeinschaft ist gegen neue Gewerbeansiedlungen als Alternative zum Flugbetrieb. „Mit der Eigeninitiative der Unternehmen sind wir zuversichtlich“, meint Radzicki. Schließlich habe es Initiativen zum Beenden des Betriebs auch schon in den 50er Jahren gegeben. „Totgesagte leben länger.“