Über ihre günstigen Umzugskosten von 900 Euro freute sich am 17. November 2008 sicherlich eine Frau aus Mülheim. Doch die Freude muss bald in Entsetzen umgeschlagen sein.
Als die Möbelpacker nämlich mit dem beladenen Lkw mit ihrem gesamten Hab und Gut vor der neuen Wohnung standen, weigerten sie sich auszuladen, drohten damit, die Möbel in ein Lager zu schaffen, wenn sie nicht eine neue Rechnung in fast dreifacher Höhe zahlt. 2645 Euro wollte einer von der Firma beauftragte Mitarbeiter haben. Die Frau zahlte.
Das Ganze hat sie einem Umzugsunternehmen zu verdanken, das unter anderem einen Sitz an der Aktienstraße hatte. Einer der beiden Chefs, ein 34-Jähriger aus Gelsenkirchen stand gestern wegen Erpressung vor dem Essener Landgericht und wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
Im Zeitraum September 2006 bis Januar 2009 hat er gemeinsam mit seinem Onkel vor allem Kunden im Ruhrgebiet um ihr Geld gebracht. In der Anklage ging es um rund 60 Vorwürfe. Im Urteil beschränkte sich die Kammer auf 20 Fälle. Nach umfangreichen Rechtsgesprächen, war der Angeklagte geständig. Dafür belohnte ihn das milde Urteil.
Die Unternehmer warben mit tollen Angeboten. Zum Beispiel: Vier Männer für vier Stunden zum Preis von 184 Euro. Wer sich darauf meldete, bekam den Eindruck vermittelt, dass es sich um einen Festpreis handelte. Weit gefehlt, die überhöhte neue Rechnung gab es vor Ort. „Da würde ich einen Herzkasper kriegen“, meint Richter Martin Hahnemann mitfühlend. „Die konnten gar nicht anders“, erklärt er die Zahlungswilligkeit der Kunden, „da steht man mit dem, was man am Körper trägt, und ohne Möbel“. Wenige weigerten sich. Manchmal fuhr ein Packer gleich mit dem Kunden zur Bank. In einigen Fällen hielten die Umzugsleute bei Restzahlungen eine Waschmaschine zurück, oder ein Laptop oder eine Couch, diese zum Beispiel sahen die Besitzer niemals wieder. Der Angeklagte räumte ein, es bewusst darauf angelegt zu haben, die Kunden zu täuschen. Auch die Anweisung an seine Leute „ nicht zu schnell“ zu arbeiten, gibt er zu.
Im Umzugsgewerbe muss man ihn in Zukunft wohl nicht mehr fürchten. Anfang 2009 ging das Unternehmen in die Insolvenz. „Ich habe keine Chance mehr als Selbständiger“, erkennt der 34-Jährige. Die Gewerbeaufsicht wird sicher ein Auge darauf haben