„Schloß Broich ist kein Schloss für die oberen Herrschaften, sondern ein Schloss fürs Volk“, betont MST-Chefin Inge Kammerichs. Die Stadtmarketinggesellschaft verwaltet die Anlage.

Erst am letzten Wochenende rockte Peter Kraus den vollen Innenhof. Und mit Castle Rock, Burgfolk, dem Jazzfestival und dem Pfingstspektakulum, der Schlossweihnacht und der Schlossnacht ist es ein zentraler Veranstaltungsort. Und es wird dort geheiratet, gefeiert und getagt. Ein beliebter Ort, der mittelalterliche Atmosphäre atmet, aber auch Wind, Wetter und Umwelteinflüssen ausgeliefert ist.

Der Zahn der Zeit knabbert am Schloß Broich, das als älteste aus spätkarolingerischer Zeit erhaltene Burganlage nördlich der Alpen gilt. Nachdem die ersten Steine im September 2009 runterkamen, „haben wir sofort Sicherheitsmaßnahmen ergriffen“, sagt Kammerichs. Bauzäune und Warnschilder wurden aufgestellt, der kleine Turm am MüGa-Ausgang blieb gesperrt. Und kurzfristig „wurde der Torbogen saniert“. Der Hauptgefahrenpunkt am Eingang war der Testfall für ein aufwändiges Verfahren: Mit Sonden pressten die Mitarbeiter einer Fachfirma Mörtel in die entstandenen Hohlräume.

Nach der ersten Schadenserfassung wurde eine Prioritätenliste aufgestellt. Auf Platz eins: „Der gefährdete Teil ist der historische Kern“, so Kammerichs. Das sind vorrangig die Ringmauern aus dem 12. Jahrhundert. „Vom Ausmaß her sind die Schäden sehr groß“, betont Heinz Hartling vom Geschichtsverein, „und das gilt fürs gesamte Mauerwerk“. Die Restaurierung der Ringmauer würde mit Sicherheit eine teure und langwierige Arbeit. „Das ist der Kölner Dom von Mülheim.“ Seit Jahr und Tag habe der Geschichtsverein auf die Sanierung der Ringmauern hingewiesen. Punktuell sind „die überschaubaren Dinge auch erledigt worden“, räumt Hartling ein, „aber die große Linie fehlt“.

Wenn nicht langsam mehr getan werde, „dann ist das Denkmal in Gefahr“. Keine offensichtlichen Schäden gebe es indes am Hochschloss, so Hartling. Darin befindet sich das historische Museum: „Es ist nach wie vor in Betrieb.“

Ortstermine mit Vertretern von Bezirksregierung und Land, von Natur- und Denkmalschutz, Stellungnahmen und Berichte: „Das Verfahren ist langwierig“, so Kammerichs. Der Sachverständige hat die Fassade des Schlosses zur Straßenseite hin auch auf die Prioritätenliste gestellt. Abgesehen von der Mängelliste „ist das Schloss in einem Top-Zustand“, betont Kammerichs: Veranstaltungen im Innenhof dürfen stattfinden. „Für die Sicherheit ist Sorge getragen.“ Alle Seiten der Innenfassade seien in Ordnung.

Doch wie lange noch? Was soll eine Sanierung kosten und wer soll sie bezahlen? Mit Millionen-Beträgen ist zu rechnen. Wie wird die Anlage für den Winter gesichert und was kann man tun, um weitere Schäden zu vermeiden? Solche Fragen soll nun der Sachverständige Dr. Ägidius Strack klären. Der Rösrather hatte schon die Restaurierung von Schloss Drachenburg auf dem Drachenfels in Königswinter geleitet. Fast 15 Jahre dauerte die umfassende Restaurierung des Ensembles, getragen von der Stadt Königswinter, dem Land NRW und der NRW-Stiftung. Wie das Mülheimer Modell hinsichtlich Vorgehensweise und Finanzierung aussehen kann, darüber soll Stracks Gutachten mehr Klarheit bringen. Richtigerweise: „Ich unterstützte in der Sache“, betont Strack. Er sei gestern erst aus dem Urlaub gekommen. Mitte September will er seine „Stellungnahme“ präsentieren.