Wenn Ebbe in der Kasse ist, müssen nicht alle Investitionen der Stadt auf Eis gelegt werden, doch sind Prioritäten zu setzen. Eben dieses bahnt sich nun bei der Entwicklung von Industrie- und Gewerbeflächen an.

Vorbehaltlich eines politischen Beschlusses im Herbst wird die Erschließung des Areals am Flughafen für einen Büro- und Gewerbepark um Jahre verschoben. Als vordringlich gilt die Erschließung brach liegender Mannesmann-Flächen durch die „Styrumer Tangente“.

Der Wirtschaftsausschuss hat diese Prioritätensetzung bereits akzeptiert, der Rat entscheidet in der Etatdebatte im Herbst. Dass sich die Stadt auf die 10,5 Hektar große Industriefläche in Styrum konzentrieren will, erklärt Chef-Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier mit dem Umstand, dass hier „der Nachfrage-Druck am größten“ sei.

Mülheim habe zurzeit „nicht einen Quadratmeter“ freie Industriefläche zu bieten. Insgesamt bestehe im westlichen Ruhrgebiet ein erheblicher Flächenmangel für Industrieansiedlungen, denen qua Flächennutzungsrecht 24-Stunden-Betrieb zugebilligt und weniger Auflagen in puncto Immissionen gemacht werden.

Schon alleine, um expansionswilligen Betrieben aus Mülheim etwas anbieten zu können, so Schnitzmeier, sei die Entwicklung der Styrumer Fläche dringlich. Um dem Unterangebot an Industrieflächen Ausdruck zu verleihen, verweist er gerne auf das Beispiel eines Duisburger Maschinenbauers, dem seine Produktionshalle abgebrannt war und der in Duisburg, Oberhausen und Mülheim keinen Ersatzstandort habe finden können. Wie zu hören ist, stehen die Salzgitter Mannesmannröhren-Werke bereits in fortgeschrittenen Grundstücksverhandlungen mit einem anderen Mülheimer Unternehmen, das einen Teil seiner Produktion und seine Kommissionierung aus einer anderen Stadt in die Nähe seiner Mülheimer Zentrale verlegen will.

Um die 10,5 Hektar auf dem nördlichen Teil des Mannesmann-Geländes nutzbar zu machen, müsste allerdings die „Styrumer Tangente“, eine Verbindung von Oberhausener zu Fritz-Thyssen-Straße, gebaut werden. Seit Jahren hängt dieses Projekt, in 2011 will die Stadt es notfalls vorfinanzieren, um es endlich Realität werden zu lassen. Die Grundstücke sind bereits erworben, Landeszuschüsse von 2,8 Mio Euro immerhin „in Aussicht gestellt“, so Baudezernentin Helga Sander. Die Stadt müsste zusätzlich 1,9 Mio Euro aufbringen für die Straße, die neben der äußeren Anbindung der Industriefläche auch die Belastung Styrums durch Lkw-Verkehre deutlich reduzieren soll.

Zurückgestellt ist bis auf Weiteres der Bau einer Erschließungsstraße für den geplanten Büro- und Gewerbepark entlang der Brunshof­straße am Flughafen. Die Finanzmittel hierfür sollen erst in den Jahren 2014 und folgende bereitgestellt werden. Das hat seinen Grund auch in der zurückhaltenden Nachfrage für Gewerbegrund dort. Selbst von dem einen interessierten Unternehmen, das zuletzt in Kontakt zu „Mülheim & Business“ stand, ist laut Schnitzmeier länger nichts mehr zu hören. „Die Nachfrage ruht zurzeit“, sagt er. Dabei wären auch ohne Erschließung jetzt schon drei an den Flughafen-Parkplatz angrenzende Grundstücke sofort zu bebauen.

Einerseits dürfte die Wirtschaftskrise Grund hierfür sein; die Nachfrage für Büroimmobilien ist 2009 um 20 bis 30 Prozent zurückgegangen. Andererseits, so Schnitzmeier, wirke die ungeklärte Zukunft des Flughafens als Vermarktungshemmnis. Die Interessenten wollten entweder keine Landebahn vor der Haustür, andere machten eine Ansiedlung eben von einem Geschäftsflugbetrieb abhängig.

Mülheims Planungspolitik hatte sich bereits dagegen ausgesprochen, auf das Gebiet Unternehmen ansiedeln zu lassen, die ihr Geld im Fluggeschäft verdienen.