Die Bühne ist stockduster, in der linken Ecke lässt sich ein winziges Riesenrad erkennen. Und da ist einer, der an einem Strick hängt, der den Glauben verlor, der den zerstörerischen Kreislauf von Eltern-Kind-Beziehungen nicht mehr erträgt.

„Ich habe das Meer geräumt“, sagt er resigniert. Zittert dort am Seil eine schaurige, eine gefühlte Endlosigkeit lang.

Es ist wahrlich kein leichtherziges Stück, Aglaja Veteranyis Geschichtensammlung „Vom geräumten Meer, den gemieteten Socken und Frau Butter“ ist sogar ausgesprochen schwere Kost.

Das wundert nicht, denn die rumänische Autorin nahm sich mit 39 Jahren das Leben. Übernommen hat sich das junge Theater an der Ruhr um Dijana Brnic und Adem Köstereli mit der Inszenierung jedoch nicht – es ist vielleicht die gewagteste und beste Aufführung, die das Jugendtheater im TAR in dieser Saison hervorgebracht hat.

Es gelang ihnen eine Umsetzung, die man trotz ihrer Schwermut poetisch nennen kann: Mit wenig Sprache und Requisite, fast ausschließlich mit Körpersprache und Mimik vermitteln die sieben Jungdarsteller die tragische Auflösung einer Wanderzirkusfamilie. Sie führt ein Leben aus dem Koffer, innerlich scheint sie zerrüttet: Der Vater vergeht sich beim anfänglich harmlosen „Versteck-Dich-Spiel“ am jüngsten Kind, und auch die anderen Töchter bietet er dem Hausherrn an, bei dem sie untergekommen sind. In einer Szene zwischen Verführung und Beherrschung – Astor Piazzollas „Libertango“ klingt im Hintergrund – nähert sich der Hausherr den Töchtern.

Schließlich verlässt der Vater die Familie, Stück für Stück gehen auch die Schwestern. Das jüngste Kind rettet sich in die Fantasiewelt des Clowns, entflieht am Ende in einem Koffer

Dabei ist beeindruckend, wie die jungen Schauspieler die bilderreiche Sprache der rumänischen Autorin Veteranyi in der recht kurzen Zeit von zehn Monaten umsetzen können. Wie sie Tragik und Komik nur durch ihren Ausdruck verbinden.

Noch zwei Mal ist „Vom geräumten Meer, den gemieteten Socken und Frau Butter“ am Raffelberg zu sehen: am Freitag, 11. Juni, sowie am Samstag, 12. Juni. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr.