Mülheim..
Gut 100 interessierte Zuhörer fanden den Weg zum diesjährigen WAZ-Medizinforum in die Cafeteria des St. Marien-Hospitals.
Depression war das Thema des Abends, viele Hilfsbedürftige und zu wenig Hilfe das Ergebnis der Diskussion. Das mussten auch die drei Gastredner eingestehen: Dr. Rudolf Groß, Chefarzt der Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie des St. Marien-Hospitals, Anke van den Bosch, Psychotherapeutin und Leiterin des Selbsthilfe-Büros der Stadt Mülheim, sowie Anke Ippach, Psychotherapeutin der Tagesklinik des Krankenhauses.
Wie eine Depression erkennen und wie damit umgehen, diese Fragen versuchte Groß in seinem Vortrag zu beantworten. Grundsätzlich gelte: Eine Depression kann sich auf verschiedene Arten zeigen. Sei es fehlender Antrieb, das Gefühl, nichts mehr leisten zu können, oder extreme äußere und vor allem innere Unruhe. Eines sei jedoch beim Umgang mit an Depression leidenden Menschen extrem wichtig: „Fördern ja, Fordern nein“, laute die Devise, so Groß. Jedes Fordern erhöhe nur einen schon bestehenden negativen Druck.
Ansätze, mit denen eine Depression effektiv behandelt werden kann, gebe es viele. Grundsätzlich sei zu unterscheiden zwischen der psychologischen und der biologischen Behandlung. Heißt: mit oder ohne Antidepressiva. Häufig sei auch eine Kombination die erfolgbringende Lösung. „Es gibt kein Mittel, das zu 100 Prozent funktioniert“, so Groß. Ebenso wenig gebe es einen Schnelltest, der die physischen Gründe einer Depression, also den Mangel an bestimmten Botenstoffen, aufzeigen könne, erklärte der Fachmann nach einer Frage aus dem Publikum.
Zentrales Anliegen der kognitiven Verhaltenstherapie sei vor allem, die Denkmuster der Menschen zu verändern, so Ippach. Untersuchungen hätten gezeigt, nicht die Ereignisse, mit denen ein Mensch konfrontiert werde, seien entscheidend dafür, wie er sich fühle, sondern die subjektive Interpretation. Depressive Menschen neigten grundsätzlich zu übertrieben negativen Gedanken.
Eine ganz eigene Art der Behandlung wurde durch Anke van den Bosch repräsentiert: nämlich die Hilfe durch Selbsthilfegruppen. Zwar seien solche nicht für jedes Stadium einer Depression geeignet, doch gebe es viele Menschen, die in der Gruppe Halt und Stärke fänden. „Für Menschen in einer sehr starken Phase der Krankheit ist der Besuch sicherlich schwer vorstellbar. Doch gerade in der Früh- und Spätphase und zwischen depressiven Lebensabschnitten kann die Gruppe helfen.“ Hier sei vor allem das Gefühl, verstanden zu werden und auch gebraucht zu werden, ein entscheidender Faktor. Zuverlässigkeit spiele dementsprechend eine wichtige Rolle. „In einer funktionierenden Gruppe weiß jeder sofort, es ist etwas Ernstes, wenn jemand fehlt“, so van den Bosch.
Ein Problem wurde sehr deutlich: Therapieplätze sind rar, sowohl Anmerkungen aus dem Publikum als auch der geladenen Experten bestätigten dies. Gute Ratschläge, was Betroffene im Falle von Monate langen Wartezeiten machen können, waren jedoch Mangelware. In Bezug auf eine stationäre Einweisung machte Groß eines jedoch ganz klar: Im Fall von Selbstmordgedanken dürfe nicht gewartet werden. „Das Leben kann man sich nur einmal nehmen“. Keiner suche wirklich den Tod, sondern Ruhe und Frieden.