Nicht mehr lange, dann steht sie still, die Hauptstraße quer durch die Metropole Ruhr.

Am 18. Juli startet das wohl publikumswirksamste Projekt der Kulturhauptstadt: Menschen versammeln sich auf der A40 zum „Stillleben“, machen die Auffahrten zu Zugängen, nehmen an Tischen von Dortmund bis Duisburg Platz und werden Teil des Gesamtkunstwerks. Mit dabei sind auch Uschi Koj-Habel und ihre Freundinnen, ihres Zeichens Saarner „Kleingärtnerinnen und Hutdesignerinnen“.

In Garten 17 hängt die Hutkunst in den Büschen: Eine Radkappe wird da mit Alufolie und Draht zur Kopfbedeckung, der Haarreifen mit Federn zum neckischen Accessoire und eine (unbenutzte!) Windel samt Brosche zum Kompotthut. Das Material für ihre Werke lasen sie von Straßen und Gehwegen auf und passen es damit dem Ort des Geschehens an. „Das sind alles Sachen, die man auch an einer Autobahn finden könnte“, sagt Monika Reinhardt und zeigt einen zurechtgesägten Kühlergrill. „Super“, findet Renate Plinke das Fundstück von der Tankstelle um die Ecke. „Das kann ich gut mit meinem Nummernschild verarbeiten.“

Bereits seit Jahren kennen sich die sechs kreativen Saarnerinnen, allen gehört eine Parzelle im „Kleingarten am Bahndamm“. Und im Verein, sagt Monika Reinhardt, sind sie praktisch „der Kulturausschuss. Wir sind die, die was machen.“

Uschi Koj-Habel war es, die im vergangenen Jahr die Idee hatte, einen Tisch beim „Stillleben“ zu reservieren, und alle waren sofort begeistert. „Das ist etwas Einmaliges, das muss man erlebt haben“, findet Renate Sterling. Und deswegen wollten sie den Tag auch für sich zu etwas Einmaligem machen. Schnöde Plastikdecken auf dem gemieteten Tisch kamen da nicht in Frage: „Wir nehmen richtige Leinendecken, Kerzenleuchter und planen ein opulentes Mahl wie bei Königs“, erzählt Uschi Koj-Habel und lacht. Ein Gag, der direkt zu den Hüten führte, denn immerhin will man sich dem Anlass entsprechend kleiden. „Wie in Ascot“, vergleicht die Initiatorin. Dort gehe man eben auch nicht oben ohne.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Damen unter die Haube kommen. Für eine Party im Kleingartenverein entwarfen sie früher schon Hüte aus Obst und Gemüse. Zu einem anderen Fest gingen sie in Kleidern aus Plastik. Diesmal verzichten sie darauf, sich komplett einzukleiden: „In dem Plastik war das ganz schön heiß. Und wir hoffen am 18. Juli ja auf gutes Wetter!“ Da reicht ein Sonnenschutz auf dem Kopf.

Seit ein paar Wochen sind die Kleingärtnerinnen nun mit Kleber, Hammer und Säge aktiv. Plastikratten befestigten sie so an einem Drahtkorb, wollen Zigarettenschachteln und Klopapierrollen als Hut-Material verwenden, zerschnitten bereits einen gelben Softball zu „Pommes“. In eine weiße Plastikschale klebten sie die Fritten und tackerten ein Gummiband daran, das den Hut auf dem Kopf hält. Beim letztem Entwurf, der Komposition „Lukullus“, „fehlt nur noch die Wurst“, sagt Renate Plinke, und: „Das ist ein Herrenhut.“ Selbstverständlich.

Gemeinsam mit ihren ebenfalls gut behüteten Männern und Freunden aus Stuttgart und dem Münsterland wollen sich die Hutdesignerinnen Mitte Juli einen schönen Tag auf der A40 machen – und auch die Umsitzenden unterhalten. Eine Hutmodenschau rund um ihren Tisch im Block 31 haben sie geplant. Wie sie ihre Utensilien allerdings auf die Autobahn bekommen, wissen sie noch nicht. „Vielleicht mit dem Fahrrad.“ Aufs Pferd werden sie wohl verzichten – doch nicht ganz wie in Ascot.