Nicht er kauft bei Tommy Hilfiger ein – Tommy Hilfiger kauft bei ihm ein. Keine Stoffe für die nächste Kollektion cooler Designerklamotten, sondern Graffiti.
Die prangen an prominenter Stelle: Der Showroom des Konzerns auf der Düsseldorfer Kö zeigt nicht nur Mode, sondern auch die Kunst von Dennis Broszat. Der Weg dorthin war weiter und steiniger, als es die gut 30 glatt geteerten Autobahn-Kilometer zwischen Mülheim und der Landeshauptstadt vermuten lassen. Geschätzte 8000 Euro Strafzahlungen haben ihn seine jugendlichen Sprühzüge gekostet – und den Ringfinger der linken Hand: Bis auf das erste Glied blieb er auf der Flucht vor der Polizei in einem Stacheldrahtzaun hängen. Graffiti da, wo sie nicht hingehören, sind nunmal Sachbeschädigung – auch wenn Broszat betont, „nie Privateigentum“ angesprüht zu haben. Heute ist es weit mehr als nur sein „Tag“, das Namenszeichen an einer weiteren Wand der Stadt, das ihn antreibt. „Ich ärgere mich eigentlich über mich selbst, dass ich so spät erst erkannt habe, welches Potential in Graffiti steckt.“
Soviel Potential immerhin, dass er seit zwei Jahren davon leben kann: Aus dem jugendlichen Schmierfinken, der heimlich die Gleise entlang zog, ist ein Profi-Sprayer mit Kunden wie Red Bull geworden. Den Getränkehersteller hat er einfach an den Hörnern gepackt: „Zu Red Bull fahren und sich vorstellen“, lautete sein Konzept, mit dem er den Konzern an die Werbe-Leine legte. Broszat ist überzeugt: „Graffiti ist ein Riesen-Werbemedium, das die Welt noch gar nicht sehen wollte.“
Gar nicht gern sahen auch seine Eltern die Nacht- und Sprühnebel-Aktionen des Teenagers. Also zog Broszat mit 15 kurzerhand aus und lernte erstmal einen ,anständigen’ Beruf: Maler und Lackierer. Doch auf Dauer war es ihm „nicht kreativ genug, Raufaser zu kleben“. Heute leimt er stattdessen gerne auf humorvolle Art die Betrachter seiner Werke: Da kann es schonmal passieren, dass dem Mülheimer Autofahrer das Frühstück vom Asphalt auf die Windschutzscheibe zu springen scheint. „Ich mach’ aus nem Gullydeckel ‘nen Toaster, dann fliegt da ein Toast raus“, gibt Broszat einen Einblick in seinen Humor.
Ob Sylt als Zierde für eine private Garage oder die Ausgestaltung des Mülheimer Clubs „Nightstyle“, „es gibt eigentlich nichts, was ich nicht mache“. Auf jeden Fall aber gibt es etwas, das er zwar noch nicht gemacht hat, das ihn aber in seinen persönlichen siebten Sprayerhimmel versetzen würde: „Mir gefallen diese Sachen von Michelangelo. Ich würde das super gerne mal mit meinem eigenen Stil vermischen und eine ganze Kirche von innen gestalten. Wenn’s sein muss, würde ich da ein Jahr lang dran malen. Und länger.“ Graffiti und Kirche – kann das harmonieren?
„Klar“, findet Broszat. Immerhin gehe seine Kunst „durch alle Gesellschaftsschichten“. Auch das Alter spiele keine Rolle. Er selbst hat eine Kundin, „die ist 86 – und die steht auf Graffiti“. Auch seine Eltern hat er inzwischen überzeugt. Und so malt der Sprayer inzwischen auch für sie. Denn: „Was ich gerne hab’, ist, dass sich jemand die Zeit nimmt, das anzugucken. Und nur für die Leute ist das dann auch.“