Konzentrierter kann man wohl nirgends in die Styrumer Seele blicken: Zwischen Aldi und Aquarius, Kleingartenanlage, Kegelzentrum und türkischem Kulturverein, schmuckem Einfamilienhaus und klotzigem Hochhaus.

An der Moritzstraße herrscht das pralle Leben.

Die Kontraste sind es, die den Charme der Moritzstraße ausmachen, die dem Spaziergänger das Gefühl geben, die Straße erfinde sich bei jeder Einmündung neu. Klotzige Bebauung macht von der Hauskampstraße kommend den Anfang. Grau getünchte Häuserfronten rechts und links stellen sich quer zur Fahrbahn. Doch kaum hat man diese Altbauten hinter sich gelassen – an der nächsten Einmündung eben – wird’s grün. Mächtig grün. Rechts toben Kinder auf dem Spielplatz. Links führt ein (grünes) Tor zur „Kleingartenanlage Schloß Styrum“. Bewachsene Mauern schließen sich an. Der Schlosspark liegt dahinter und das Wassermuseum Aquarius, Landmarke, Blickfang und Wahrzeichen des Stadtteils.

„Das ist die idyllische Insel in Styrum“, findet Ulrich Erbe. Er muss es wissen; der Künstler hat seit 20 Jahren ein Atelier im Schloss. „Einen wunderbaren Ort, um kreativ zu sein, und ein tolles Ambiente“, hat er dort gefunden. Ulrich Erbe ist heute einer der vielen Fahrradfahrer, die über den Radweg strampeln. Während der Künstler einen Wasserkasten auf dem Gepäckträger balanciert und eindeutig ein Ziel hat, verbreiten die meisten anderen das Flair von Fahrradtouristen oder auch Rennradlern. Die Moritzstraße ist ein beliebter Radweg.

Doch auch auf den Fahrbahnen herrscht viel Verkehr, oftmals Lastverkehr. Die dortige Aldi-Zentrale sorgt für hohes Lkw-Aufkommen, und auch andere Laster suchen sich ihren Weg gen Autobahn. Nicht schön ist das, aber besser als vorher. „Es ist ruhiger geworden, seitdem die die Straße gemacht haben“, findet Anwohner Dietmar Tomzig. Er war einer von denen, die lange für die Sanierung gekämpft haben. „Wenn die mit ihren Aufliegern kommen, knallt das richtig. Ab vier Uhr morgens sind Sie da wach.“ Dennoch kam Wegziehen für ihn nie in Frage: „Wir haben es uns hier schön gemacht.“

Im hinteren Teil wohnt er, dort, wo die Einfamilienhäuser stehen, wo Geranien in voller Pracht in alten Loren blühen, wo steinerne Figuren von Löwen und Drachen die Tore bewachen, wo die Autos unterm Carport parken. Immer wieder findet man auch zwischen den hochgebauten Mehrfamilienhäusern grüne Oasen. Plastikstühle stehen da bereit, wenn sich die Nachbarn zusammensetzen wollen.

„Ich kann das manchmal gar nicht glauben“, sagt Mahmut Gök. „Ich wohne in der fünften Etage und wenn ich aus dem Fenster gucke, sehe ich nur Grün.“ Lebensqualität ist das für ihn. Dazu hat für ihn auch das Styrumer Marktcenter am anderen Ende der Moritzstraße beigetragen. „Jetzt kann man ohne Auto in der Nähe einkaufen.“ Und seine Freizeit verbringen kann man an der Moritzstraße: Die Bundesligakegler von „Blau-Weiß Mülheim“ treffen sich im Kegelzentrum, der 1. FC Mülheim hat sein Vereinsheim nebenan, schräg gegenüber von IWW und RWE.

Das wichtigste Thema für die Anwohner aber ist der Verkehr. Denn ein Stück weit gilt auf der Moritzstraße Tempo 30. „Aber da hält sich keiner dran“, sagt Ahmet Güc. „Die fahren alle schneller. Gefährlich ist das!“ Horst Großhuldermann kann sich noch erinnern, wie er mit seinen Freunden Fußball auf der Moritzstraße gespielt hat. „Aber das ist 60 Jahre her. Da war das nur ein Schotterweg.“ Die Straße hat sich gewandelt, doch Großhuldermann ist ihr treu geblieben und wird es auch weiter tun: „Ich wohn’ seit 70 Jahren in Styrum. Jetzt wollte meine Frau nach Heißen ziehen. Aber da hab’ ich keinen Bock drauf.“