Erst am frühen Wahlabend Jubel über Rot-Grün im Land, dann Ärger über die FDP-Verweigerung, jetzt das schnelle Aus für Rot-Rot-Grün. Also doch die Gespräche mit der Rüttgers-CDU.

Die Ministerpräsidentin aus den eigenen Reihen, aus Mülheim? Das ist ungewisser, wenn nicht gar unwahrscheinlicher denn je. Von Katerstimmung bei den Mülheimer Genossen ist dennoch nicht die Rede. Pragmatismus herrscht vor.

Nur zu gerne würde Mülheims SPD ihrer Hannelore auf dem Weg in die Staatskanzlei Spalier stehen. „Ich bin auch davon überzeugt, dass wir das tun werden“, sagte Parteichef Frank Esser auch am Freitag noch, als die Sondierungsgespräche mit den Linken jäh beendet waren. „Wir haben die Wahl hervorragend abgeschlossen, das ist untrennbar mit der Person Hannelore Kraft verbunden.“ Außerdem hätten letzte Umfragen gezeigt, dass sich die Mehrheit in NRW eine Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wünsche.

Esser will die knapp mehr als 6000 Stimmen Vorsprung der CDU bei der Wahl nicht gelten lassen, die großen Parteien bewegten sich vielmehr auf Augenhöhe. Ohnehin stünden jetzt erst einmal Sachfragen im Mittelpunkt der Koalitionsverhandlungen. Da werde eine Einigung schwierig genug. Differenzen sieht Esser in der Umwelt- und Energiepolitik, beim Umgang mit dem Landespersonal und mit den Kommunalfinanzen, insbesondere in den Themenfeldern Bildung und Schule. Hier werde die SPD kaum kompromissbereit sein. „Wir brauchen eine klare Absage an das dreigliedrige Schulsystem, die Gemeinschaftsschule, längere Betreuung, längeres gemeinsames Lernen“, so Esser.

Zuvorderst müsse sich die SPD in den Sachfragen durchsetzen. Wer das Amt des Ministerpräsidenten bekleide, sei zunächst zweitrangig. Hannelore Kraft habe sich während eines Telefonats nach der Stimmung der Parteibasis erkundigt. Esser bringt’s auf den Punkt: „Es gibt keinen, der mit heißem Herzen in die große Koalition geht.“

Rot-Rot-Grün weint Esser dennoch keine Träne nach. Wie er befindet der Chef der SPD-Ratsfraktion, Dieter Wiechering: nicht regierungsfähig, nicht regierungswillig. „Das Ergebnis gefällt mir ganz gut“, sagt dieser mit Kritik an der Linken-Forderung, Energiekonzerne zu verstaatlichen, und deren Haltung zur DDR. „Sie wollen die Altlast DDR nicht loslassen, müssten sich aber abgrenzen.“ Wiechering sieht jetzt auch Sachfragen im Vordergrund. Ob Hannelore Kraft am Ende die Regierung führe, „muss sich ergeben“.

Der SPD-Fraktionschef zollt Kraft weiter uneingeschränktes Lob für ihre Taktik im Wahlkampf und im Bemühen um eine Regierungsbildung. „Sie macht es geschickt, dass sie ihren Führungsanspruch nicht öffentlich lanciert.“ In den Gesprächen mit der Rüttgers-Mannschaft aber, da ist sich Wiechering sicher, werde Kraft „darauf hinweisen, dass wir wegen 6000 Stimmen nicht der kleinere Partner sind, sondern gleichberechtigt“. Das schlechte Wahlergebnis verlange der CDU, „um es mit Roland Koch zu sagen“, auch Demut ab.

Nur: Das Amt des Ministerpräsidenten ist nicht gleichberechtigt teilbar . . .