Tak-tak-tak, klackern rund vierzig weiße Stöcke die Schloßstraße entlang: „Entschuldigen Sie, wo geht es hier zur Kunst?“, fragt Museumspädagogin Natalie Borlinghaus, die wie die anderen versammelten Künstler und Kunstfreunde einen Stock und eine dunkle Sonnenbrille trägt

Borlinghaus’ Frage richtet sich an die verwunderten Samstagsvormittags-Shopper. ­Mancher bleibt stehen und beobachtet den scheinbar herumirrenden Menschenzug, amüsiert, verunsichert, nachdenklich. „Was soll das?“, hört man es flüstern, aber so recht will niemand nachfragen.

So bleibt die etwa 15-minütige Aktion eine allzu ruhige Prozession zur Alten Post, ein nur stiller Protestzug für das Kunstmuseum, der sich zwischen kostspieligen Blumenpötten, leeren Eiscafé-Stühlen und stillgelegten Brunnen hindurchquetschen muss. Das eigentliche Theater hatte sich bereits in den vergangenen Tagen ereignet. Zuerst beugten sich die engagierten Protestler dem Druck des verärgerten Blinden- und Sehbehindertenvereins (BSV), der die theatrale „Blinden“-Inszenierung mit Stock, Brille und Armbinde als „ungehörigen“ Missbrauch der Sehbehinderung empfand. Und entschärfte den Aufzug, indem man etwa auf Armbinde und Symbol verzichtete. Und dann schossen ausgerechnet drei Künstler quer mit einem kritischen offenen Brief für ein profilierteres Museumskonzept (WAZ berichtete).

Doch an diesem Samstag ist Uwe Dieter Bleil, einer der Verfasser, mit von der Partie: „Das ist kein Widerspruch“, sagt der Künstler, sondern ein Missverständnis. Sein „Diskussionspapier“ kritisiere die „Form der Museen in der Bundesrepublik, die nicht mehr zeitgemäß ist“. Er schlage ein Konzept für Kunst aus dem Ruhrgebiet vor, stehe aber 150-prozentig hinter der Museumsleiterin Dr. Beate Reese, sagt Bleil.

„Wir setzen uns für ein lebendiges Museum ein“, sagt Moritz Pankok, Mitorganisator der Protest-Aktion, aber die Stadt stehle sich in seinen Augen aus der Verantwortung, wenn sie den Betrieb auf den Kunstverein abschiebe. „Was wir machen, kann zusätzlich helfen, aber nicht die Hauptlast schultern.“ Er befürchtet zudem, dass mit noch weniger Etat etwa die Zahl der Leihgaben aus der Pankok-Stiftung und die Attraktivität des Museums sinken könnten. Kultur ist Bildung, heben die Protest-Initiatoren Lubo Laco und Heiner Schmitz besonders die neue Pädagogik-Richtung der Alten Post hervor. Und sie greifen das Bild der Blindheit auf: „Das ist nur geistig gemeint“, stellt Laco noch einmal klar, wer hier aber spare, befinde sich auf dem Irrweg.

Hat der Protest etwas gebracht? „Wir hatten auf mehr Beteiligung gehofft“, gibt Schmitz zu, und auch über den offenen Brief hatte er sich geärgert. Ein Gutes habe der allerdings gehabt: „Kulturdezernent Peter Vermeulen hat uns alle mit seiner Reaktion auf den Brief überrascht: Ich habe ihn noch nie so deutlich für das Museum sprechen hören.“