Für die einen ist es gemeinsames Lernen abseits aller Stigmatisierungen, die anderen fürchten fehlende Förderung: Die Gemeinschaftsschule spaltet die Parteien vor der Landtagswahl.

Doch wäre ihre Einrichtung rein strukturell überhaupt möglich, gibt es in Mülheim Raum für die Gemeinschaftsschule? „Eine Gemeinschaftsschule halte ich an keiner Stelle in Mülheim für möglich“, meint Gabriele Ripholz, Leiterin der Barbaragrundschule. „Schon mit der OGS haben wir doch alle Räume verplant. Ich glaube nicht, dass es noch Platz oder Geld für eine weitere Umstrukturierung gibt.“

Behrend Heeren, Leiter der Willy-Brandt-Gesamtschule, hält die von SPD und Grünen favorisierte Variante dagegen für deutlich besser als das heutige Verfahren. Die beiden NRW-Parteien wollen, dass die Schüler nach der vierten Klasse auf die Gemeinschaftsschule wechseln, dort in der fünften und sechsten Klasse zusammenbleiben und ab der siebten Klasse entschieden wird, ob es gemeinsam oder in unterschiedlichen Klassen weitergeht.

„Räumlich gesehen würde das ja lediglich bedeuten, dass die Schüler nicht mehr nach Gebäuden sortiert werden“, meint Behrend Heeren. „Und dafür müsste man nicht an- oder umbauen – im Gegenteil. Man bräuchte ja sogar weniger Gebäude. Wir bekommen in Mülheim nicht mehr Schüler, sie würden nur anders verteilt.“ Auch in der Personal- und Kostenfrage sei die Gemeinschaftsschule günstiger. Auch Walburga Koopmann, Rektorin an der Lierberggrundschule, zieht die Variante von SPD und Grünen vor. Und meint: „Bei uns ist durch die zwei Schulgebäude sicherlich noch Platz dafür. Am Teilstandort Blötter Weg haben wir viele Räume bisher etwa für die Betreuung genutzt. Da könnte man aber auch noch einmal umschichten.“ Frank Buchwald, Leiter des Immobilienservice der Stadt, stimmt ihr zu: „Es kommt immer auf die Schule an. An manchen wie der Barbaraschule oder an der Trooststraße würde es sicherlich eng werden. Insgesamt haben wir in Mülheim aber ausreichend Platz an den Schulen.“

Ob überhaupt und wo angebaut werden müsse, falls die Parteien die Wahl gewinnen und ihre Ansprüche durchsetzen könnten, müsse sich in einem längeren Prozess zeigen. „Wenn es zu einer Entscheidung kommt, würde die wohl in die letzte Kurve unseres Schulentwicklungsplans fallen. Wir würden sie dann noch berücksichtigen.“ Zum Teil könnte man sicherlich auch etwa weiterführende zu Grundschulen umstrukturieren, wenn Kinder dort länger gemeinsam lernen sollten. Auch heute gebe es schließlich schon Einrichtungen mit zwei Standorten.

Auch Gabriele Klar ist als Leiterin der Hauptschule Bruchstraße sicher: „Umsetzbar ist das gemeinsame Lernen auf jeden Fall.“ Und sie muss überzeugt sein, soll ihre Schule doch als Zukunftsschule generationenübergreifende Bildung bieten. „Auf Dauer würde es funktionieren“, sagt Heiko Hendricks, schulpolitischer Sprecher der CDU – und spricht dabei nur von räumlichen Rahmenbedingungen. „Mit der Zeit könnte man die Infrastruktur schaffen.“

Die Broicher Realschule und das benachbarte Gymnasium nennt er als Beispiel: Dort gäbe es gute Voraussetzungen, um „Schüler zusammenzuführen“. Das sei jedoch die rühmliche Ausnahme. Zu anderen Bedingungen sagt Hendricks: „Die Umsetzung ist für eine Kommune wie Mülheim rein finanztechnisch nicht zu stemmen. Das Zusammenziehen ist allein deswegen utopisch.“

Dem widerspricht Matthias Kocks. Der bildungspolitische Sprecher der SPD will die Gemeinschaftsschule nicht mit einer „Mammutschule“ verwechselt haben: „Wir nutzen die bestehende Infrastruktur. Man braucht kein riesiges Gebäude.“ Auch er schaut nach Broich: „Warum braucht man dort zwei Gebäude, zwei Kollegien? Warum können die Schüler nicht zusammen lernen?“ Weil sie unterschiedlichen Förderbedarf haben, lautet die Antwort von Ralf Metzinger. Der Leiter des Broicher Gymnasiums hält nichts vom „undifferenzierten Schulsystem.“ Auch Kollege Wolfgang Dahmen, Leiter der Realschule Broich, versteht nicht, warum beide Politiker auf seinen Standort verweisen: „Räumlich kann ich mir die Zusammenlegung bei uns gar nicht vorstellen – inhaltlich übrigens auch nicht.“