Mülheim an der Ruhr. .

„Von der Damenbinde bis zur Dose Erbsen und Möhren“ – und seit Sonntag auch noch Kunst. Wenn Michael Mangelmans das Sortiment seines Büdchens „Moe’s Lädchen“ so beschreibt, muss er selber lachen.

Doch jetzt hat ihn nunmal die Kulturhaupstadt zum Designkiosk auserkoren, also gibt’s hier auch Kunst. Kunst und Kiosk – wie passt denn das zusammen? Schon lacht Mangelmans wieder. „Ich wollt’ gerade sagen, wie Arsch auf Eimer.“ Was nicht heißen soll, dass er Döschen aus ausgedienten Sprechmuscheln und ähnliche kreative Annäherungen ans Ruhrgebiet ablehnen würde.

„Kunst ist verrückt, und verrückt bin ich auch.“ Stimmt. Mangelmans ist noch viel mehr Original als alle neun bei ihm ausgestellten Objekte zusammen. Das Designkiosk-Team, das per Pedal durchs Ruhrgebiet strampelte und Buden ausspähte, hat in ihm das personifizierte Ruhrgebiet gefunden. Volltreffer.

Ob Knirps oder Malocher von der Baustelle gegenüber, bei ihm fühlen sich alle zu Hause. Alle paar Minuten geht die Klingel an der Tür: ein Schnitzelbrötchen schnell auffe Hand, ein Kaffee ganz gemütlich im Sitzen, „kannst Du mal meine Mama anrufen? Die Klingel geht nicht.“ Mangelmans greift zum Telefon. „Calzone steht vor der zuen Tür.“ Calzone? „Der heißt eigentlich Kilian. Die Kinder haben fast alle Spitznamen bei mir. Mittlerweile sagt jeder zu dem Calzone. Auch die Mutter.“

Auch mit seinen erwachsenen Kunden ist Mangelmans per Du. Einer von ihnen ist Jörg Wohlfarth. Bei Kaffee und Brötchen erholt er sich in seinen Pausen von der harten Arbeit auf dem Bau. Er scherzt mit Mangelmans herum, das Gespräch kommt auf die Kunst im Kiosk. Die Wanduhr „Gluck“, Nummer 21 der 30 Stücke in der Edition Designkiosk, ist ein Bierdeckel mit Uhrzeigern: „6,-“ steht unten mittig für eine Gulaschsuppe, „XII“ ganz oben für zwei Große. Wohlfarth schmunzelt wohlwollend. „Wenn sich einer seinen unbezahlten Deckel an die Wand hängen will, bitte.“

Kunst für alle ist die Idee hinter den Objekten, die eigenwillig sind wie das Ruhrgebiet. Bezahlbar sollen sie sein, praktisch – und Menschen abseits der ausflanierten Museumswege erreichen. Das Konzept scheint aufzugehen. „Wie haben hier ganz viele Malocher, die sagen erst: Was ist das denn für’n Scheiß?“ erzählt Mangelmans. „Und dann kommen sie ohne ihre Kumpels wieder und gucken nochmal.“

Sonntag ist das Projekt Designkiosk in 30 Buden quer durchs Ruhrgebiet angelaufen. Noch am selben Tag meldete Mangelmans für sechs von seinen neun Kunstwerken: „Ausverkauft.“ Jetzt muss er nachbestellen: Nummer 17 bis 19, 23, 26 und 29 werden nachgeliefert. Eine Entdeckung hat Mangelmans gemacht, die den Ruhr.2010-Machern entgangen ist. „Et is’ keinem aufgefallen, dass die zweimal die 27 haben.“ Einmal als Kerze in Glühbirnenform, einmal als Armreif, stilvoll aus einem Fahrradschlauch geschlitzt.

Wie auch immer der Verkauf der Kunst im Kiosk weiter läuft, eins ist sicher: Nur ein Original wird in Moe’s Lädchen bis zum letzten Tag der Aktion am 1. August und darüber hinaus vorrätig sein – Mangelmans selbst. Gluck auf.