Mülheim. .

Zwölf junge Autoren erkunden derzeit als „Metropolenpilger“ von Mülheim aus das Revier. Sie arbeiten an einem Buch, das die Stoffe Kulturhauptstadt und spirituell motivierte Reisen miteinander verbindet. Entwickelt wurde das Konzept in der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“.

Zur Kulturhauptstadt wird eine Menge geschrieben, und auch das spirituell motivierte Reisen ist ein beliebter Stoff. Nun arbeiten zwölf junge Autoren an einem Buch, das beide Themenkreise verbindet: Als „Metropolenpilger“ erkunden sie von Mülheim aus die Region.

Neun Tage lang, bis einschließlich Freitag, kommen sie in der Wolfsburg unter. Hier, in der katholischen Akademie, wurde das Konzept der „Metropolenpilger“ entwickelt, das seinerseits als Kulturhauptstadtprojekt läuft und von verschiedener Seite finanziell gefördert wird. Die geladenen Teilnehmer sind junge Männer und Frauen zwischen 17 und 24 Jahren.

Sieben von ihnen studieren Kreatives Schreiben an der Uni Hildesheim, hinzu kommen fünf Nachwuchsautoren aus dem Revier. „Wir wollten beides haben: die Innen- sowie die Außenperspektive beim Blick auf das Ruhrgebiet“, erklärt Dr. Matthias Keidel, Dozent an der Wolfsburg, der die Veranstaltung leitet.

Prässentation am 11. 11.

Für das gemeinsame Buch steht bereits ein Präsentationstermin fest: der 11.11. des Kulturhauptstadtjahres. Erscheinen soll es in der „7sterne edition“ (Krefeld), die sich als Plattform für „junge spirituelle Künstler der Gegenwart“ versteht. Als Herausgeber fungiert Dirk Brall, begleitet werden die „Metropolenpilger“ ferner vom namhaften Schriftsteller und Wissenschaftler Prof. Dr. Hanns-Josef Ortheil.

So weit die handelnden Personen eines Vorhabens, das sich – laut Untertitel – „Wandlungen durch Kultur“ widmet. So sollen die jungen Autoren ergründen, wie die Kulturhauptstadt im Alltag der Menschen vor Ort ankommt, und ob „nachhaltige Effekte“ zu erwarten sind. Nicht leicht zu beurteilen, ist doch gerade mal ein Drittel dieses besonderen Jahres vergangen. Auftrag der „Metropolenpilger“ sei aber auch keine wissenschaftliche Evaluation, betont Tagungsleiter Matthias Keidel: „Die Schriftsteller sollen etwas entwickeln, das überzeitlich Gültigkeit besitzt.“

Begegnungen mit realen Personen

Die Basis für das Buch bilden Begegnungen mit realen Personen. Am Mittwoch beispielsweise trafen die Pilger Teilnehmer des Projektes „2-3 Straßen“ im Hochhaus am Hans-Böckler-Platz, am Donnerstag sprachen sie mit dem Schriftsteller Feridun Zaimoglu, der gerade an einem Ruhrgebiets-Roman schreibt.

Bereits am Sonntag wurden die jungen Leute „ausgesetzt“: abgesetzt in katholischen öffentlichen Büchereien u.a. in Bottrop, Essen, im Kloster Saarn. Hier sollten sie zwei oder drei Stunden mithelfen, berichtet Keidel, und anschließend irgendwie den Rückweg zur Wolfsburg meistern.

So geschah es, dass eine Teilnehmerin auf einer Parkbank mit einem Hartz IV-Empfänger ins Gespräch kam, der sie später durch „seinen“ Stadtteil geleitete: Essen-Kray. Eine Begegnung, in deren Verlauf er Details aus seinem bewegten Leben preisgab, inklusive eines bewaffneten Raubüberfalls und eines Kriegseinsatzes in Bosnien. Die Glaubwürdigkeit solcher Geschichten ist für Keidel nicht entscheidend. „Es besteht immer die Gefahr, dass einem die Leute Märchen erzählen. Aber wir wollen ja auch nicht eins zu eins Wahrheit abbilden.“ Sondern? „Starke Figuren entwickeln.“