Berufstätige Mütter kennen die Doppelbelastung von Job und Familie. Doch wenn eine junge Frau ein Kind bekommt, bevor sie überhaupt eine qualifizierte Ausbildung beginnen kann, verpasst sie häufig ganz den Einstieg in einen Beruf.
Antje Buck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, braucht dafür nur in die Landes-Statistik zu schauen: Jüngere Frauen (15 bis 30) sind viel häufiger ohne abgeschlossene Lehre als gleichaltrige Frauen ohne Kinder. 1997 waren 44,3% der Mütter in dieser Altersgruppe ohne Abschluss, 2005 waren es schon fast 53% der jungen Mütter – mehr als jede zweite.
Die betriebliche Ausbildung in Teilzeit – also eine Lehre, die weniger Wochenstunden umfasst – ist laut Berufsbildungsgesetz schon seit 2005 möglich. Doch gibt es nur sehr wenige Betriebe und damit wenige Auszubildende, die diese Möglichkeit in Mülheim, Essen und Oberhausen nutzen. Das will der „Facharbeitskreis Frauenerwerbstätigkeit“ (FAK) ändern und hat für den 6. Mai gemeinsam mit der IHK ins Mülheimer Haus der Wirtschaft geladen: „Teilzeitausbildung – keine halbe Sache“. Von 16 bis 18 Uhr treffen Vertreter aus Wirtschaft, Arbeitsagenturen, Handwerkerschaft auf hoffentlich zahlreich vertretene Firmen und Unternehmen, die sich für „Teilzeit-Azubis“ interessieren und sich informieren wollen. Über 8000 Einladungen hat der FAK an Ausbildungsbetriebe in Mülheim, Essen und Oberhausen verschickt.
„Es geht hierbei“, stellt Marion Steinhoff von der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim klar, „um junge Mütter mit einem qualifizierten Schulabschluss.“ Also um ausbildungswillige und -fähige Frauen, die Kinderbetreuung organisieren müssen und denen eine Ausbildung mit 30 Stunden pro Woche, die zeitlich 75% der Vollzeitausbildung entspricht, entgegen kommt. Darunter mögen vielleicht sehr junge Mütter sein oder Frauen Anfang, Mitte 20, die nach Abi und einem Probelauf an der Uni nun doch einen Beruf erlernen wollen. 20, 21 Stunden seien diese jungen Mütter pro Woche im Betrieb, erklärt Marion Steinhoff, ein oder zwei Tage wöchentlich besuchten sie die Berufsschule. Eine solche betriebliche Ausbildung in Teilzeit ist natürlich auch für junge Männer, die Kinder versorgen müssen, und junge Menschen, die Angehörige pflegen, möglich.
„Junge Mütter,“ weiß Antje Buck aus ihrer Praxis in der Stadtverwaltung, „die ihren Berufsalltag gut organisieren können, haben ein Potenzial, das man den Betrieben nicht vorenthalten sollte“. Und sie verweist auf den demographischen Wandel und den zu erwartenden Fachkräftemangel: „Es wird künftig weniger gute Auszubildende geben, da kann man nicht an den alten Modellen festhalten.“
Dass die jungen Mütter, die ihre Chance – meist in mittelgroßen Betrieben – bekommen, diese auch zu nutzen wissen, weiß Marion Steinhoff aus einigen Veröffentlichungen: „Die Übernahmequote ist hoch. Vor allem in Betrieben, wo es einen engen Kontakt zu den Auszubildenden gibt.“
Marion Steinhoff hofft nun auf mindestens 30 Ausbildungsplätze für junge Mütter in Mülheim, Oberhausen und Essen. Denn in jeder Stadt gibt es schon zehn Frauen, die seit dem 1. April auf eine Ausbildung in Teilzeit vorbereitet werden, „gecoacht werden“, sagt Marion Steinhoff. Die jungen Frauen trainieren nicht nur Bewerbungen und bemühen sich um ein Praktikum. Sie müssen auch richtige Organisationstalente werden und ihren künftigen Arbeitsalltag mit Kind durchstrukturieren, bevor ihre Ausbildungszeit beginnt. „Das ist“, weiß Antje Buck, selbst dreifache Mutter, „eine harte Geschichte.“
Der Facharbeitskreis Frauenerwerbstätigkeit (FAK) ist ein Netzwerk von ExpertInnen, das sich darum kümmert, die Chancen für die Erwerbsbeteiligung von Frauen in der MEO-Region (Mülheim, Essen, Oberhausen) zu verbessern. Zum FAK gehören unter anderem die Gleichstellungsstellen der drei Städte, die Beauftragten der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Arbeitsagenturen, die Fachstelle Frauen und Beruf, die UnternehmerFrauen im Handwerk und die NRW Regionalagentur MEO e.V.