Die Schloßstraße blüht auf – zumindest optisch, Leerstand gibt es weiter reichlich. 18 Felsenbirnen dort stehen jedenfalls in voller Blütenpracht. Zeit, um Bilanz zu ziehen für ein städtisches Projekt, das wie kaum ein anderes Reaktion aus der nicht politisch aktiven Bürgerschaft erfahren hat.
Der Start der Pflanzaktion nur 14 Tage vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr allerdings sorgte erst mal für politischen Wirbel. Nicht wenige warfen Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld vor, die Begrünung der Schloßstraße wie den mit großem Tamtam angekündigten Neubau eines Ruhrbaniums am Kaufhof-Standort für ihren Wahlkampf zu missbrauchen.
Das Murren wurde noch lauter, als Tage vor der Wahl die ersten Mahagonikirschbäume ihre vertrockneten Blätter hängen ließen. Sie hatten den Stress von Anlieferung und Pflanzung bei hochsommerlicher Trockenheit nicht verkraftet. Immerhin: Für die Kaventzmänner musste die Stadt keine Reklamation bei der Baumschule geltend machen. Die Bäume seien vital und würden im nächsten Frühjahr austreiben, hieß es. Der Ärger über eine Pflanzung „zur Unzeit“ war damit längst nicht beseitigt.
Probleme. Nicht nur waren alsbald undichte Alugusskübel zu beanstanden, auch stellte sich heraus, dass der Hamburger Landschaftsarchitekt Prof. Hinnerk Wehberg mit seiner ursprünglichen Planung kräftig daneben gelegen hatte. Er hatte 60 Baumkübel auf der Schloßstraße und dem Synagogenplatz für möglich gehalten, nun sind es „nur“ 39 – Rettungswege, Wochenmarkt, Gastronomie benötigen schließlich auch Platz.
Die Stadt verzichtete auf die durchgängige Pflanzung in Doppelreihen, der Synagogenplatz blieb ohne Kübel. Für diese Abkehr von den Plänen hatte wohl auch der Umstand gesorgt, dass im Oktober 2009 drei Baumkübel an einem Brunnen auf der Schloßstraße nach kurzer Zeit umgesetzt werden mussten, um das Urheberrecht des Künstlers Ernst Rasche nicht zu verletzen. Ebensolches galt es am Hajek-Brunnen zu vermeiden.
Zu viele, zu wuchtige Kübel. Kübel, die als Mülleimer zweckentfremdet oder als Einladung für Graffiti-Schmierer gesehen werden könnten. Zu wenig Raum für Marktstände und zum Rangieren der Wagen. Überhaupt: mehr als eine halbe Million Euro für eine Pflanzaktion zu „verpulvern“, wo Kämmerer Uwe Bonan schon kurz nach der Kommunalwahl gewaltige Einnahmeeinbrüche bei den Steuern kommen sah und sich das Fiasko bei den Stadtfinanzen abzeichnete . . .
Die MBI sprachen von „unglaublichem Dilettantismus und Geldverschwendung“, ihre Wortschöpfung „Kübelei“ toppten andere noch, die sich über „tibetanische Klangschalen“ oder die „Mischung aus Ufo und Nachttöpfchen für Riesen“ echauffierten.
Heute sind 39 Baumkübel installiert. In ihnen entfalten sich zurzeit die genannten, prächtig blühenden Felsenbirnen, 14 Mal ist ein Blumen-Hartriegel vertreten, sieben Mal die Mahagonikirsche. Die 40 Kübel (einer in Reserve) haben laut Stadt 7500 Euro je Stück gekostet, die Bäume 49 000 Euro. Inklusive 160 000 Euro für Pflaster- und Pflanzarbeiten macht das zusammen 521 000 Euro. Offen blieb gestern, ob darin auch die Planungskosten des Landschaftsarchitekten enthalten sind. Als dauerhafte Kosten bleiben 7500 Euro, die jährlich für die Pflege durch einen Mülheimer Garten- und Landschaftsbaubetrieb anfallen.