Mülheim. .
Was soll, was muss die Schule von morgen bieten? Die künftigen Anforderungen an die Bildung sind vielfältig - und je nach Perspektive höchst unterschiedlich. Die WAZ fragte einen Gelehrten, einen Theologen, einen Handwerkermeister, einen Banker und einen Arbeitsvermittler.
Eltern machen sich für Schulen und Schulsysteme stark, sammeln wieder Unterschriften. Wie vielfältig soll das Schulsystem von Morgen sein? Zwei- oder viergliedrig? Vor allem, was soll die Schule der Zukunft bieten? Ein Meinungsbild.
Der Professor.
Die Defizite der Schulabgänger müssen aus Sicht von Prof. Eberhard Menzel, Rektor der Fachhochschule, deutlich gemildert werden. Mathematik, technisches Verständnis, Naturwissenschaften – „wir sehen, dass es an vielen Ecken und Enden mangelt“. Die Schule von Morgen muss nach Meinung des Professors sachorientierter arbeiten, anschaulicher Dinge vermitteln. „Es müssen auch Fertigkeiten mehr geübt und vertieft werden. Die Dinge müssen sitzen.“ Menzel hält es für wichtig, dass die Jugendlichen noch lernen, „wie die Welt funktioniert“ . Er plädiert für eine größere Leistungsbereitschaft in den Schulen. Der Spaßfaktor dürfe nicht zu hoch gehängt werden. Ein Wechsel der Schulsysteme ist aus seiner Sicht nicht nötig.
Der Richter. Schule bedeutet für Bernd Fronhoffs auch Elternhaus. Der Erfolg von Schule wird in Zukunft mehr denn je vom Engagement der Eltern abhängen, meint er. Eltern müssten sich wieder viel stärker als Partner der Schulen sehen. „Darin sehe ich einen wesentlichen Pfeiler des Schulsystems“. Die Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, eine gute Strukturierung des Tagesablaufes hält Fronhoffs für Grundvoraussetzungen, auf denen Schule aufbauen müsse.
„Eine Hektik ohne Ende“
Der Pfarrer. Für den evangelischen Pfarrer Michael Manz, Vater von fünf Kindern, müsste Schule entschleunigt werden. „Alles zu früh, alles zu schnell. Eine Hektik ohne Ende“, beklagt er. Schule sollte aus seiner Sicht viel mehr soziale Kompetenzen vermitteln, auf Werteerziehung achten. Das hält Manz für wichtiges Rüstzeug für das spätere Leben. Das Basiswissen sollte zudem wieder Vorrang vor Spezialkenntnissen haben. „Ich stelle selbst fest, dass wir häufig bei Adam und Eva wieder anfangen müssen.“ Neues Schulsystem? „Ich glaube, wir sind mit dem jetzigen ganz gut gefahren.“
Der Handwerksmeister. Ein gemeinsames Lernen sogar bis zur siebten Klasse wäre für den Handwerksmeister Jörg Bischoff sinnvoll. Noch wichtiger findet er eine intensivere Betreuung von Schülern. Insbesondere für Migrantenkinder und Kinder aus sozial schwachem Umfeld werde noch zu wenig getan. Für den Einstieg in die Ausbildung wünschte er sich mehr Motivation. Zu lustlos wirkten manche Jugendliche. Eine Schule, die Begeisterung mit auf den Weg gibt, das wäre aus Sicht des Handwerksmeisters ein großer Fortschritt.
Die klassischen Fähigkeiten
Der Banker. Den althergebrachten Fertigkeiten wie Sprache und Mathematik räumt der Chef der Sparkasse, Martin Weck, einen hohen Stellenwert ein. Nachholbedarf sieht er hier. Schule von Morgen, betont er, sollte aber auch mehr Wert als bisher auf kommunikative Fähigkeiten und emotionale Qualifikationen legen.
Der Arbeitsvermittler. Heinrich Lehnert, Chef der Agentur für Arbeit in Mülheim/Oberhausen, erwartet von der Schule eine noch bessere Vorbereitung auf die Berufswelt. Sein Wunsch: mehr und frühere Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft. Intensiver als bisher, so Lehnert, müsste in Schulen über Perspektiven in der Berufswelt geredet werden. „In welchem Schulsystem, zwei- oder mehrgliedrig, dies geschieht, ist zweitrangig.“