Mülheim. .
Vor drei Jahren wurde eine hoch umstrittene Ehe geschlossen: die Fusion der Polizeipräsidien Essen und Mülheim. Versprochen wurde vom Innenministerium vor allem eines: Mülheim wird nicht schlechter gestellt. Und heute? Welche Erfahrungen machten die Mülheimer? Eine Bestandsaufnahme.
Vor drei Jahren wurde eine hoch umstrittene Ehe geschlossen: die Fusion der Polizeipräsidien Essen und Mülheim. Versprochen wurde von den Machern des Innenministeriums vor allem eines: Mülheim wird nicht schlechter gestellt, im Gegenteil. Gerade in Mülheim waren die Bedenken groß: Personalabbau, Sparpaket, Zunahme der Kriminalität, Polizisten, die sich vor Ort nicht auskennen, längere Wartezeiten bei Einsätzen, lauteten die Befürchtungen – und das in diesen Zeiten. Und heute? Eine Bestandsaufnahme.
Der Seniorenvertreter
Eine stärkere Präsenz der Polizei in den Stadtteilen wäre aus Sicht von Friedhelm Forst vom Vorstand der Senioren-Union notwendig. „Sie ist leider so gut wie nicht vorhanden.“ Die Senioren wünschten sich den „Schutzmann“ von früher zurück, der ein festes Gebiet hat, dort zu Fuß unterwegs ist und dem man alles mitteilen kann.
„Viele ältere Bürger fühlen sich nicht sicher“, sagt Forst. Das subjektive Empfinden sei nun mal so. Er berichtet von älteren Menschen, die abends Bedenken hätten, nach draußen zu gehen, die manche Ecken mieden, die selbst manche schöne Wegstrecke aus Angst nicht mehr gingen. „Mehr Präsenz der Polizei“, da ist sich der Sprecher der Senioren-Union sicher, „würde nicht nur das Sicherheitsempfinden steigern, sondern auch „zur Disziplinierung bestimmter Personengruppen führen“. In der Hinsicht habe die Fusion der Polizeipräsidien keine Verbesserung für Mülheim gebracht – bis jetzt.
Der Bürgerverein
„Die Fusion hat aus meiner Sicht wenig gebracht“, sagt Hans A. Wunder, Vorsitzender des Bürgervereins Broich. Es sei nichts besser, aber auch nicht schlechter geworden. Er gehörte zu denen, die sich damals sogar an den Innenminister gewandt hatten mit der Bitte, das eigenständige Polizeipräsidium in Mülheim zu belassen. Er gehörte zu denen, die Personalabbau befürchteten und damit Nachteile für die Bürger in Mülheim.
„Der Personalabbau hat sich aus meiner Sicht bewahrheitet, ich sehe nicht mehr Polizei auf den Straßen wie angekündigt.“ Es sei überall so, dass sich die Menschen dort sicher fühlen, wo sie auch Polizei sehen. Auch das, so Wunder, habe mit Wohnqualität in einer Stadt zu tun.
Der Feuerwehrchef
Enger Partner der Polizei ist die Feuerwehr. Hat die Fusion eine Verbesserung in der Zusammenarbeit gebracht? Nein, sagt Feuerwehrchef Burkhard Klein. „Wir hatten vor Ort immer eine sehr enge Zusammenarbeit, wir hatten sehr kurze Wege zu unseren Partnern vor Ort.“
Zwangsläufig sei das durch die neuen Strukturen nicht mehr so. In der Anfangsphase habe es sogar große Schwierigkeiten in der Leitstellen-Kommunikation gegeben. Das habe sich aber zum Glück gegeben. Mehr Präsenz der Polizei auf Mülheims Straßen? „Ich kann es nicht feststellen. Aber auch nicht, dass die Polizei mehr Zeit benötigt, um am Einsatzort zu sein.“
Die Gewerkschafter
Dino Mirko Hammacher, Vorsitzender des Kreisverbandes Essen/Mülheim der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) erinnert sich an einige Sorgen bei der Umsetzung der Fusion. Eine Veränderung bei der Arbeit stoße eben nicht überall bei den Kollegen auf Begeisterung. Auch dadurch, dass die Leitstelle nun in Essen war, habe es gerade in der Anfangsphase schon mal Abstimmungs-Schwierigkeiten gegeben, weil die Kollegen sich nicht so gut auskannten.
Das sei aber längst behoben, sagt Hammacher, der einen erheblichen Vorteil in einer Großbehörde sieht. „Jederzeit können nun Unterstützungskräfte aus anderen Polizeiinspektionen herangezogen werden. Das ist ein Vorteil, den man gar nicht hoch genug schätzen kann.“ Und die so genannten Synergieeffekte, sprich: Mehr Polizei auf den Straßen? „Das haben wir so nicht erlebt. Wir haben heute ungefähr gleich viele Beamte in Mülheim auf der Straße wie vor der Fusion auch.“
Hans-Joachim Eistermann, der seit 2009 Vorsitzender der neu gegründeten, fusionierten Kreisgruppe Essen/Mülheim der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist, betont, eine Fusion sei eben ein Prozess: „Für uns Polizisten ist Ortskenntnis sehr wichtig“, so Eistermann. „Das musste natürlich wachsen – da konnte man nicht zum Datum 1. Januar 2007 einfach einen Schalter umlegen.“
Da sei aber nun viel erreicht, inzwischen gebe es eine gesunde Durchmischung beim Personal: Etliche Essener Kollegen versähen – freiwillig – ihren Dienst in Mülheim und auch umgekehrt. Es seien, so der Gewerkschafter, genauso viele Streifenwagen in Mülheim unterwegs wie vor der Fusion auch, es habe keinen Abbau bei den Schutzpolizeibeamtinnen und -beamten gegeben.