Es wird Zeit, Tacheles zu reden, Farbe zu bekennen. Nach den Osterferien sind die Ratsfraktionen gefordert, Position zu beziehen in der Debatte um Haushalt und Haushaltssicherungskonzept (HSK). Die WAZ hat zum Stand der fraktionsinternen Diskussionen nachgefragt.
SPD
Die letzte Haushaltsklausur der Rats-SPD steht noch aus, da lässt sich Fraktionschef Dieter Wiechering nicht viele Standpunkte entlocken. Doch er sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sozialdemokraten das Friedrich-Wennmann-Bad und das Kunstmuseum geschlossen sehen wollen.“ Ansonsten werde man sich „an den Vorschlägen des Kämmerers abarbeiten müssen“. Die SPD werde zwar noch „den einen oder anderen eigenen Vorschlag“ machen, eine große Alternative zum Konzept des Kämmerers sei aber nicht zu erwarten. Bei den bisherigen Etatberatungen der SPD-Fraktion seien keine einschneidenden Änderungswünsche artikuliert worden. Bei den Vorschlägen von Bürgern seien „hilfreiche Anregungen“, aber in finanzieller Hinsicht „nicht die großen Würfe“ dabei. Die seien auch nicht zu erwarten, schließlich bestehe schon Bonans Paket fast zur Hälfte aus Hebesatz-Erhöhungen für Gewerbe- und Grundsteuer. Da sei eine Modifizierung schwierig.
CDU
Bei der CDU geht die Diskussion Ende nächster Woche in die letzte Etappe. Grundsätzlich fordere man Ausgabendisziplin, so Fraktionschef Wolfgang Michels. Das HSK-Konzept basiere zu einseitig auf der Erhöhung von Einnahmen. Dieser vom Kämmerer eingeschlagene Weg dürfe nur letzte Option sein. Die CDU hat bereits beantragt, alle Investitionsprojekte auf den Prüfstand zu stellen. Aus heutiger Sicht etwa sei auch die Zustimmung der CDU zum Abriss der Brücken am Tourainer Ring bedauerlich. Daneben stünden die Personalkosten der Verwaltung „sicher mal zur Debatte“, Michels sieht dort einen „Selbstbedienungsladen“. Die CDU werde noch eine ganze Menge Ideen in die Debatte einbringen – „wir werden auf eine Summe kommen, bei der Bonan und vielleicht die gesamte Verwaltung noch schlucken werden“, sagt Michels. Dabei gelte der Blick der CDU nicht nur dem HSK, sondern auch dem Etat für 2010. Dort hat die Union etwa ausgemacht, dass der Mülheimer Wald 850 000 Euro Pflegekosten im Jahr verursacht, aber der Holzeinschlag nur 70 000 Euro bringt. Das sei „ein krasses Missverhältnis“, dem man begegnen müsse.
MBI
MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard klagt darüber, dass er noch immer nicht die Vorschläge der Bürger in Papierform vorliegen hat. Ansonsten ist die Linie der Bürgerinitiativen klar: Man wird das Bonansche Paket in seiner jetzigen Form nicht mitschnüren. Einrichtungen wie das Naturbad und das Museum nach teuren Investitionen nun zu schließen, sei kontraproduktiv. In der Kultur werde unverhältnismäßig gekürzt, wo an anderer Stelle „das Geld für Prestigeprojekte zum Fenster rausgeschmissen wird“ (aktuell der Overfly-Abriss, auch der Stadion-Umbau, natürlich Ruhrbania). Die Stadt müsse den Personaletat endlich deckeln, anstatt immer neue Wasserköpfe zu schaffen. Durch Kooperationen mit anderen Städten könnten Tochtergesellschaften und Ämter geschlossen werden. Reinhardt fürchtet nicht die Zeit, in der mangels beschlossenem Haushalt der Sparkommissar aus Düsseldorf das Regiment übernimmt: „Das ist kein Weltuntergang. Das hatten wir von 1998 bis 2006 schon. Da war es nicht so schlimm wie jetzt.“
Grüne
Die Grünen wollen sich am Montag noch mal Einzelheiten der Haushaltsplanungen von der Verwaltung erläutern lassen. Fraktionssprecher Thomas Behrendt kann zurzeit nur seine Privatmeinung wiedergeben. Auch er sieht es nicht als Drama an, wenn Mülheim kein HSK hinbekäme und der Sparkommissar anrückte. Was helfe es, wenn man jetzt nur um des HSK willen Strukturen städtischen Lebens zerstöre, die man nie wieder aufbauen könne. Ein Sparkommissar werde, das zeigten Beispiele aus anderen Städten, wohl nicht so weit gehen wie Bonan in seinem Entwurf. Ohnehin würden die Grünen Kürzungen bei der Jugend, im Sozialen (dazu zählten auch die Bäder) und in der Kultur nicht mittragen, „das sind für uns politische Ehrenkodexe“, das sei mit dem grünen Kernziel Bildung nicht vereinbar und verursache soziale Folgekosten.
FDP
„Die Gewerbe- und Grundsteuer-Erhöhung werden wir natürlich nicht mittragen“, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Peter Beitz. Somit sei das Konzept des Kämmerers, der damit fast 30 Mio Euro zusammentragen wolle, „eigentlich schon gestorben“. Die Steuer-Erhöhungen seien ein falsches Signal für eine Stadt, die familien- und unternehmensfreundlich sein wolle. Vielmehr müsse die Verwaltung aus sich selbst heraus zum Sparen beitragen, auch Bauprojekte könnten erst mal verschoben werden. Beitz fehlen hier Alternativvorschläge. „Abzocke“ (durch zusätzliche Radarfallen), die Schließung des Wennmann-Bades sowie gravierende Einschnitte in der Kultur und bei der Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement hält Beitz für inakzeptabel. Die FDP werde ein großes Gegenkonzept präsentieren, das werde als Überraschung bis zu den Ausschusssitzungen zurückgehalten. Mit zwei Vorschlägen geht Beitz aber schon jetzt hausieren: dem Ausbau des Geschäftsflughafens, um dort das Minusgeschäft einzudämmen – und einem 100-Unternehmen-Programm, das die Ansiedlung von Firmen befördern soll.
Wir-Linke aus Mülheim
Achim Fänger, jüngst zum Vorsitzenden der neuen Fraktion „Wir-Linke aus Mülheim“ gewählt, verlangt die Prüfung, ob Großprojekte wie Ruhrbania oder die Rathaus-Sanierung gestoppt oder verkleinert werden können. „Die ganzen Sozialkürzungen inklusive der Bäderschließungen machen wir nicht mit“, sagt er. Ferner fordert die neu formierte Fraktion den Fortbestand des Eigenbetriebs Kultur. Es dürfe nicht sein, dass „Bürger nun für Fehlplanungen der letzten Jahre zahlen müssen“. Seine Fraktion, so Fänger, werde nach den Osterferien Fahrt aufnehmen und eigene Vorschläge einbringen.