Das nennt man wohl ein Training für Körper und Geist: Ab diesem Jahr gehört Sight-Jogging zum Touren-Angebot der MST.

Die Füße laufen von ganz allein, die ganze Konzentration ist auf die Umgebung gerichtet, aufs Zuhören, Hinschauen und Abspeichern der Informationen, die Sandra Bauersachs quasi im Schnelldurchlauf gibt. Sie leitet Mülheims erste Stadtführung, die mit Dehnübungen beginnt.

Man ist ständig in Bewegung – und merkt es gar nicht. Der Ringlokschuppen wird passiert, in einem Tempo, das es Führerin Sandra Bauersachs erlaubt, aufs Baujahr hinzuweisen und die Drehscheibe links und den Wandel zur Kulturstätte, bevor es an der MüGa-Wiese vorbeigeht und der Ecke, die Sandra Bauersachs Tochter an den Garten von Pippi Langstrumpf (samt Mauer-Stücke) erinnert. Zum Schloß gibt mehr zu erzählen, da reicht die Zeit für einen Trab auf der Stelle im Innenhof, zwischen Heimatmuseum und Ringmauer, Rittersaal und anstehendem Pfingstspektakulum. Dann, „einmal links runter, bitte“, über die Kfar-Saba-Brücke. Prompt steht man hinter der Stadthalle an der Ruhr. Zack – zehn Minuten Jogging, man schwitzt und ist mit seinen Gedanken doch nicht beim Sport, sondern bei der Stadtgeschichte.

Eben das ist die Idee von Sight-Jogging, das in anderen kleineren und großen Städten von Berlin bis Lüneburg bereits erfolgreich angeboten wird. Nun hat es auch die MST ins Programm genommen – auf Initiative von Sandra Bauersachs und in Kooperation mit dem Stadttourenveranstalter „simply out tours“.

Seit 14 Jahren joggt die zweifache Mutter, sie kennt die guten Laufstrecken der Stadt und meldete sich nach einem WAZ-Artikel bei der MST und bekundete Interesse, eine Tour auf die Beine zu stellen.

Mit Hilfe von Melanie Hundacker sind es nun vier geworden. Die Inhaberin von „simply out tours“ half Sandra Bauersachs seit November, die Runden zu entwickeln und während des Laufens die selbst recherchierten Informationen zu vermitteln. Sechs Kilometer durch die City oder die Ruhr entlang geht es da, neun Kilometer zu Wäldern und Schlössern. Oder auch die sportliche Route, die nicht nur zwölf Kilometer lang ist, sondern auch über 170 Höhenmeter geht. Zwischen einer und zwei Stunden dauern die Strecken, die, so Melanie Hundacker, „nur anpieksen“: „Natürlich können wir aufgrund der Zeit nur an der Oberfläche bleiben, aber wir wollen einen Einblick und Tipps geben, die Lust machen, sich vielleicht näher mit einigen Sehenswürdigkeiten zu beschäftigen.“ Denn Stehen-Bleiben ist nicht. Wer sight-joggen möchte, sollte so fit sein, dass er eine Stunde durchlaufen kann.

Fünf Jogging-Termine stehen im Tourenplan. Gruppen von bis zu zehn Läufern können sich dann um Sandra Bauersachs scharen. Auch abseits dieser Daten kann man loslaufen. „Einzelgäste“, erklärt Angela Christians, bei der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) für Tourismus zuständig, habe man dabei im Blick. Hotelbesucher oder Tagungsgäste können so in Bewegung kommen.

Angela Christians: „Das geht ganz spontan. Wer morgens bei uns anruft, kann abends laufen.“ Wenn Sandra Bauersachs nicht kann, wird Fremdenführerin Melanie Hundacker einspringen. Das Einzel-Angebot gilt natürlich auch für Mülheimer Läufer.