Bei manchen Tieren ist das „Frühlingserwachen“ wörtlich zu nehmen und sie tun genau das, was sich wohl auch mancher Zweibeiner heimlich ersehnt Sie futtern sich im Herbst richtig voll, legen sich dann ins Bett und klettern erst wieder aus der Falle, wenn draußen angenehme Temperaturen herrschen. Auch Fledermäuse erwachen jetzt wieder aus ihrem Winterschlaf.

Thorsten Jaworek, Feldermaus­experte vom NABU Ruhr, kann das im Moment bestens beobachten, nicht nur ist er den pelzigen Flattermännern regelmäßig in freier Wildbahn auf der Spur, eine kleine Rauhaut-Fledermaus ist sogar bei ihm im Winterquartier. Einen dunklen Schuhkarton, ein altes Küchenhandtuch und beim Aufwachen einen leckeren Mehlwurm, mehr braucht der kleine Gast nicht.

Beim Renovieren wurde der kleine Untermieter aus seinem ursprünglichen Winterquartier aufgescheucht. Wenn es in die Kälteperiode geht, suchen sich die Flieger ein trockenes Plätzchen, frostfrei muss es sein und natürlich schön dunkel. Die Nachttiere scheuen das helle Licht. Zudem sind sie eigentlich ziemlich reiselustig. Auf dem Weg ins Winterquartier fliegen sie im Herbst oft bis zu 1000 Kilometer in wärmere Gefilde. „Aber durch klimatische Veränderungen finden wir auch hier mittlerweile Winterquartiere“, stellt Thorsten Jaworek fest. In der Regel suchen die Rauhäuter eine gemütliche Höhle, Jaworeks Wintergast hatte sich dagegen einen Rollladenkasten ausgesucht. Ein hohler Baumstumpf, ein Brennholzstapel oder eine Fuge im Dachgebälk tun’s aber auch.

Ungestört muss der Platz sein, mit dem menschlichen Nachtschlaf etwa ist der Winterschlaf einer Fledermaus nicht zu vergleichen, der Zustand ist viel extremer. Die Fledermaus reduziert ihre Körperfunktionen auf ein Minimum, die Körpertemperatur sinkt von 38 Grad Celsius bis fast auf die Umgebungstemperatur ab, sie können bei drei bis vier Grad überwintern. Das Herz schlägt nur wenige Male in der Minute, Stoffwechsel und Atmung kommen ebenfalls fast zum Erliegen. Im Gegenzug kommen Winterschläfer Monate ohne Nahrung aus, den nötigen Vorrat – bis zu 30 Prozent des Körpergewichts – haben sie sich im Herbst angefressen.

Entsprechend kritisch sind Störungen des Schlafvorganges, zu frühes Aufwachen und Witterungswechsel für die zartgliedrigen Tiere. „Aus dem Winterschlaf aufzuwachen ist für die Tiere eine echte Anstrengung“, beschreibt Thorsten Jaworek, „es dauert bis zu einer halben Stunde, bis der Körper auf Betriebstemperatur ist und das kostet wahnsinnig viel Energie.“ Heißt für die Fledermaus, gibt es nicht schnell nach dem Erwachen eine kräftige Mahlzeit, droht der Schwächetod. Dennoch wachen die Tiere auch immer wieder während der Winterperiode auf, wechseln den Hangplatz oder sorgen für Nachwuchs. Oft verbringen Fledermäuse den Winter nämlich eng zusammengekuschelt in größeren Gruppen, da kommt man sich schnell näher...

Steigende Temperaturen und Hunger sind die beiden Hauptsignale für Winterschläfer, aus ihrem Bau zu kommen. Darum macht es ihnen das wechselvolle Wetter zurzeit nicht gerade einfach. Viele Fledermausarten ernähren sich von Insekten, Mücken, Motten oder Fliegen – durch immer neue Frosteinbrüche, ist das Nahrungsangebot unter Umständen knapp. Und das wäre nicht gut, denn so sehr die Fledermäuse im Winter „faul herumhängen“, so aktiv sind sie im Rest des Jahres, Rückflug zu den Sommerquartieren, zu Kräften kommen nach dem Winter, Austragen und Aufzucht der Jungtiere – bis zum nächsten Herbst hat die Fledermaus einen vollen Terminkalender.