Mülheim. .
Die Zahl der Einbrüche ist in Mülheim rasant gestiegen. Ein Plus von fast 50 Prozent hat die Polizei festgestellt. Die Tatortwahl geschieht eher zufällig - Tätergruppen ziehen offenbar von Stadt zu Stadt. Die Aufklärungsquote liegt bei knapp 20 Prozent.
Hingbergstraße. Es ist kurz nach 3 Uhr. Ein Bewohner wird durch Geräusche geweckt. Er steht auf, blickt aus dem Fenster und sieht noch zwei Männer aus dem Fenster des Nachbarhauses klettern. Er ruft sofort die Polizei. Als die vor Ort auftaucht, sind die Einbrecher verschwunden. Alltag in Mülheim. Jeden Tag dringen Täter in zwei, drei Wohnungen ein.
„Es sind Tätergruppen von auswärts, die uns zu schaffen machen“, sagt Kriminalhauptkommissar Gisbert Tiede. „Die ziehen von Stadt zu Stadt.“ Manche seien vielleicht nur eine halbe Stunde am Ort und dann wieder weg, berichtet Polizeioberrat Manfred Joch. In der Zeit hätten sie aber auch mehrfach zugeschlagen.
Beliebter Einstieg über Balkon oder Terrasse
Die Auswahl der Tatorte geschieht aus Sicht der Polizei eher zufällig. „Die kommen von der Autobahn runter und fahren in die nächstbeste Gegend. Wir können daher nicht sagen, dass in Mülheim bestimmte Viertel besonders stark betroffen oder gefährdet sind. Das kann überall sein.“ Für die Täter, so Tiede, ist vor allem eines entscheidend: Wo ist das Risiko, entdeckt zu werden, möglichst gering? „Das kann ein großes Mehrfamilienhaus genauso sein wie ein Haus, das allein steht.“
Nach wie vor gelangen die meisten Einbrecher über den Balkon oder die Terrasse ins Haus, beliebt seien auch die Hochparterre und der Einstieg über Garagendächer. Und auch eine alte Haustür gilt als Lockmittel für Einbrecher, von denen viele schon als Jugendliche mit Brecheisen und Schraubenzieher unterwegs sind.
Blücherstraße. Mittagszeit. Diesmal ist die Polizei schnell vor Ort. Ein 18-Jähriger ist in eine Wohnung eingebrochen. Als die Beamten ihn vernehmen, stellen sie fest, dass mindestens 16 Wohnungseinbrüche auf sein Konto gehen.
Die meisten Täter haben es auf Schmuck, immer auf Bargeld, zunehmend auf Laptops abgesehen. Der Einbruch erfolgt schnell. „Selten bleibt ein Einbrecher länger als ein paar Minuten in einer Wohnung.“
Leichtes Spiel für die Täter
Speldorf. Wieder sind zwei noch jugendliche Täter unterwegs, entdecken eine offene Terrassentür. Es ist spät am Abend, der Bewohner schläft bereits. Die Täter haben leichtes Spiel. Sie nehmen mit, was sie auf die Schnelle finden: Uhr, Handy, Laptop. Lautlos verschwinden sie wieder. Erst viel später kommt die Polizei ihnen auf die Schliche.
Es gehört zur großen Ausnahme, sagt der Kriminalhauptkommissar, dass bei einem Wohnungseinbruch die Täter mit den Opfern zusammentreffen. „Wo sie Geräusche hören oder auf Nachbarn stoßen, verschwinden sie schnell.“ Die soziale Kontrolle im Umfeld hält Tiede denn auch für ein ganz wertvolles Abwehrsystem. Die Polizei hofft darauf, dass Nachbarn und andere mögliche Zeugen aufmerksam sind, misstrauisch reagieren, wenn ihnen etwas verdächtig vorkommt.
Vor allem ließe sich so auch die Aufklärungsquote steigern. Mit den aktuellen Zahlen kann die Polizei nicht zufrieden sein. Dabei stehe man in Mülheim mit einer Quote zwischen 15 und 20 Prozent noch besser da als viele andere Städte im Land, heißt es im Präsidium. Die Probleme der Ermittler: Selten finden sie eine gute Spurenlage vor. Fingerabdrücke – das war mal. „Die Täter lernen auch aus dem Fernsehen.“ Und wenn einer erwischt wird, legt der kaum noch „eine Lebensbeichte“ ab.
Würde eine stärkere Präsenz der Polizei vor Ort helfen? „Wir haben Konzepte, bei denen wir verstärkt uniformiert in Stadtteilen auftauchen und gleichzeitig in Zivil in anderen Viertel vor Ort sind.“ Doch der große Erfolg bleibt aus. Die Ermittler wissen: Es kann tagelang nichts passieren und dann plötzlich viel an vielen unterschiedlichen Orten. Wohnungseinbrüche seien unberechenbar.