Es gibt Sportvereine, die fürchten, ganze Abteilungen schließen zu müssen, falls die städtische Sparwelle über sie hereinschwappt, berichtet Prof. Werner Giesen, der Vorsitzende des Mülheimer Sportbundes.

Es wären jene Vereine, die die angepeilten höheren Nutzungsgebühren und Mieten für Sportstätten nicht mehr aufbringen könnten und deshalb die Mitgliedsbeiträge anheben müssten mit der Folge: Austritte. Höhere Beiträge, weniger Mitglieder, weniger Sportangebote, weniger Attraktivität – ein Teufelskreis für manchen Verein.

Ja, sagt Giesen, es gebe Zukunftsängste, gerade dort, wo die Kinder- und Jugendarbeit stark ausgeprägt sei. „Wer soll denn von den jungen Leuten in den Verein gehen, wenn auch dort immer mehr Geld verlangt wird? Der Sport als das größte Jugendheim der Stadt, der Sport als das Mittel, das Jugendliche von der Straße holt, der Sport als sozialpolitisches Element – das sehen die Vereine in Gefahr. Selbst die Angebote der Vereine in Schulen stehen auf der Kippe.

Manchen Familien tue selbst ein Euro mehr im Monat weh, berichtet Jürgen Ternieden, der Vorsitzende des großen TSV Viktoria mit 4200 Mitgliedern . „Wir müssten die Zehn-Euro-Grenze im Monat überschreiten, das ist eine Schallmauer.“ Erfahrungen zeigten: Ein Euro mehr bedeutet bis zu 15 Prozent Austritte, so Ternieden. Dabei geht es beim TSV noch recht moderat zu.

Es ist überall das gleiche Spiel: Die Folgen des Sparpakets werden im Alltag als gravierend eingestuft. Je nach Vereinsgröße, hat der Mülheimer Sportbund errechnet, könnten sich die höheren Nutzungsgebühren mit einer Mehrbelastung von bis zu 30 000 Euro im Jahr niederschlagen. „Selbst bei kleineren Vereinen muss mit einem Plus von 5000 Euro gerechnet werden.“

150 Sportvereine sind in der Stadt registriert, 40 000 Menschen treiben dort regelmäßig Sport. Drei Millionen Euro jährlich soll in der Sportszene eingespart werden.

Selbst Vereine mit eigenen oder fest angemieteten Anlagen stehen vor großen Problemen, denn die Verwaltung möchte auch die Betriebskostenbeihilfe kürzen. „Auch wenn die Erhöhungen oder Kürzungen erst in drei Jahren die höchste Stufe erreicht haben, werden das manche Vereine nicht packen“, fürchtet Giesen und weiß um klamme Budgets.

Um einen Beitrag zum Sparpaket, das wissen aber auch die Vereine, kommt der Sport nicht herum. Im „Rahmen der Gleichbehandlung“ mit anderen Fachbereichen will man sich dem auch stellen. Allerdings, so Giesen, schlägt man der Politik vor, den Kinder- und Jugendbereich komplett von der Sparliste zu streichen: „Gebührenbefreiung für den Jugendsport in allen Hallen und auf allen Plätzen bis 20 Uhr.“

Im Sport hält man dies für eine wichtige Zukunftsinvestition, sieht aber auch die Schwierigkeit. Denn eines möchten die Vereine ebenfalls komplett aus dem Sparpaket herausnehmen: die Schließung des Friedrich-Wennmann-Bades. Sollte hier das Aus kommen, wäre das Leistungsschwimmen in der Stadt am Ende. 40 Prozent der Trainingszeiten würden entfallen. Mehr noch: Schon jetzt müssten Kinder in Mülheim etwa ein Jahr auf eine Schwimmausbildung warten. Das würde sich verlängern. „Zwei Jahre Wartezeit auf einen Schwimmkurs sind dann durchaus realistisch“, so Ternieden. Für eine Stadt, die mit dem Fluss vor der Tür wirbt, wäre das indiskutabel, heißt es.

Der Sportbund verweist auf eine Studie, die vor zwei Jahren entstand und das Ergebnis brachte: Mülheim ist in Sachen Schwimmbäder Entwicklungsland. Nirgendwo im Umkreis steht den Einwohnern so wenig Wasserfläche zur Verfügung. Ausbau statt Reduzierung müsste aus Sicht der Schwimmvereine das Gebot der Stunde sein. In den Schubladen liegt der Plan für ein Schul- und Vereinsbad links der Ruhr, doch dass den jemand in naher Zukunft herausnimmt, glaubt keiner.