Düsseldorf hat’s vorgemacht, Düsseldorf ist aber anders. Während die Landeshauptstadt 2007 unter anderem durch den millionenschweren Verkauf von einer halben Million RWE-Aktien ihre Schuldenfreiheit feierte, will Mülheims Kämmerer Uwe Bonan die hiesigen Aktien nicht zu Geld machen.

Bonan muss anders rechnen als sein Kämmerei­-Kollege vom Rhein.

Seit die Finanznot Mülheim zu ersticken droht, ist es immer wieder zu hören: Warum verkauft die Stadt ihre RWE-Aktien nicht, um die Löcher zu stopfen? Knapp 4,7 Mio RWE-Aktien hält die städtische Beteiligungsholding; aktueller Gegenwert: knapp 300 Mio Euro; nach Abzug von Steuern könnten dem Etat knapp 250 Mio Euro zugutekommen. Mit dem Geld könnte die Stadt ihr Kassenkredit-Volumen um die Hälfte reduzieren und dementsprechend Zinsen in Höhe von 6,8 Mio Euro jährlich sparen.

Lohnt nicht, rechnet Kämmerer Uwe Bonan vor. Denn jährlich bringen die Aktien der Stadt einen Ertrag von 16,5 Mio Euro aus den Dividenden. Rechne man Zinsersparnis und jährlichen Dividendenertrag gegen, so entstehe der Stadt bei Verkauf ein wirtschaftlicher Nachteil von 9,7 Mio Euro pro Jahr. Vorteile könnte ein Aktienverkauf nur bei höheren Zinsen haben.

Anders als im steuerkräftigen Düsseldorf hat die Stadt Mülheim auch ein strukturelles Finanzierungsproblem, sprich: Die Einnahmen reichen nicht, um allein die gesetzlich verpflichtenden Aufgaben zu erfüllen. So würde der Verkauf der RWE-Aktien die Stadt zwar kurzfristig von Zinslasten befreien, diese würden sich aber wieder auftürmen. Und eine Dividende aus den Aktien gebe es dann auch nicht mehr.

Auf den jährlichen Dividendenertrag ist die Stadt auch angewiesen, um etwa Defizite im Bus- und Straßenbahnbetrieb auszugleichen. Finanziert wird mit der Dividende auch die Wirtschaftsförderung Mülheim & Business und die Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST), die sich unter anderem für den Unterhalt von Stadthalle, Camera Obscura und den Schlössern Broich und Styrum verantwortlich zeichnet.