Mülheim. .

Um die Mittagszeit des 2. März kommen 22 neue Stolpersteine mit Tafeln aus schimmerndem Messing zu den bislang vorhandenen 73 dazu. Damit soll an Mülheimer Opfer des NS-Regimes erinnert werden.

Dann fände man 95 dieser bodennahen Mahnmale an 54 Stellen der Stadt. Während der Kölner Künstler Gunter Demnig wie gewohnt mit Hammer und Mörtel zu Werke geht, halfen bei der Forschungsarbeit erneut engagierte Jugendliche.

Diesmal waren es Realschüler/-innen aus Broich und von der Mellinghofer Straße, die den Schicksalen von vier Opfern nachspürten: Berta und Walter Kempenich, die eine traditionsreiche Metzgerei betrieben, sowie Johanna Wolf und Hermine Pollmeier. Alle kamen in Auschwitz oder Theresienstadt ums Leben, woran bald an ihrer alten Adresse, Scharpenberg 42, erinnert wird.

Die Kosten für die Steine werden von Spendern getragen

95 Euro für die Verlegung jedes Steines bringen Spender auf. Zu ihnen gehört diesmal auch Bürgermeisterin Renate aus der Beek. Sie stiftete Stolpersteine für die jüdischen Eheleute Meyer, die bis 1942 an der Bahnstraße lebten.

Nach der Verlegung am 2. März wird es — zum ersten und wohl auch letzten Mal — einen Empfang auf Schloss Broich mit dem Künstler geben. Bei dieser Gelegenheit soll sich Gunter Demnig in das Gästebuch der Stadt eintragen. Es wird nicht das Goldene Buch sein, dennoch hat diese Aktion etwas Endgültiges.

Denn der 1947 geborene Künstler, der bislang jeden der glänzenden Gedenksteine mit eigenen Händen und auf dem Pflaster kniend verlegte, will sich aus dieser Arbeit zurückziehen. Aus Alters- und Gesundheitsgründen. Das bedeutet, wenn in Mülheim noch in diesem Jahr der 100. Stolperstein fixiert wird, ist Demnig wohl nicht zugegen.

„Wir werden dann erstmals komplett alleine verlegen“, sagt Friedrich-Wilhelm Gehlen, Sprecher des zuständigen Arbeitskreises. Als Datum stellt man sich, symbolschwer, den 9. November vor, an dem die Stolpersteine Nr. 96 bis 100 nach Mülheim kommen.

Bei Stein Nummer 100 wird ein „vorläufiger Schlussstrich“ gezogen

Danach soll es erst einmal gut sein. Theoretisch, erklärt Gehlen, könnte man rund 300 Messingtafeln für Opfer der NS-Zeit auf Mülheimer Boden verlegen: Allein 266 Menschen jüdischen Glaubens seien nachweislich ermordet worden. Doch es werde immer schwieriger, ihre Biografien zu ergründen. „Daher ziehen wir mit dem 100. Stein einen vorläufigen Schlussstrich, sind aber auch danach immer noch für Vorschläge offen.“

Dass dann auch der Spendentopf leer sei, ergänzt Jens Roepstorff, der zuständige Mann im Stadtarchiv. Doch weiterhin sollen die Lebenswege der Opfer anschaulich gemacht werden. Was doch weit wichtiger sei als Quantität, nach dem Motto: möglichst viele Steine.