Mülheim. .

Zu Tausenden säumten die Mülheimer am Montag die Straßen in der City. Der Rosenmontagszug zu frostigen Temperaturen konnte der guten Stimmung aber keinen Abbruch tun.

Das Wichtigste zuerst, wenn man dem „Zoch“ auf den Fersen ist: warme Füße. In den Schuhgeschäften der Innenstadt ist ausgerechnet meine Sohlengröße ausverkauft – 43. Als ich den Laden verlasse, spielt eine fröstelnde Klarinette „O sole mio“. Die Welt ist manchmal ein guter Kalauer. Von den prophetischen Klängen begleitet, mache ich mich auf die Socken zur Leineweberstraße.

Um 13 Uhr haben Christoph, Lars, Sabrina und Freunde dort die Pole-Position am Straßenrand eingenommen. „Klar, beim Zug simmer dabei“, sagt Christoph gut gelaunt und nachher soll es noch zur Party gehen. „Zum Glück ist morgen schulfrei“, meint Daniel mit vielsagendem Blick auf den Rest der Flasche Feigling.

„Nur die Harten kommen in den Garten“ – unter dem Motto haben sich einige Gartenzwerge bei der KG Blau-Weiß aufgestellt, und dort warnt ein Sprecher: „Mitgebrachte Getränke werden bei uns sofort konfisziert – und selbst getrunken.“ Aber natürlich geht es beim Mülheimer Rosenmontagszug um mehr als das schnelle Erreichen von Promillegrenzen. Im Gegenteil: „Nix los“, melden die Mitarbeiter vom DRK. Sind Jugendliche vernünftiger geworden? „Ich bezweifel es“, will ein DRKler erst mal das Ende des Zuges abwarten.

Die Kaiserstraße hoch stehen die Wagen abfahrbereit. Heiner Jansen und Bürgermeisterin Renate aus der Beek prüfen die Ladung: Kamelle und Kuscheltiere. „Rund 600 Drachen, Eisbären und andere Plüschtiere“, schätzt der Karnevalspräsident, der wieder einmal als Wagenmotiv herhalten durfte: Jansen zieht die neue Wagenbauhalle aus einem Überraschungs-Ei.

Ein letzter Check: Was beschäftigt die Mülheimer in dieser Session? Nur wenig Politisches wie der „Geschäftsfriedhof“ auf der Schloßstraße. „Sinn, Betten Hardt, Woolworth – was uns noch alles blüht“, mahnt der Wagen düster: „Wenn ein Großer geht, kommt der Bundesadler, geht ein Kleiner, kommt der Pleitegeier.“

Ob dagegen das entstehende Hafenbecken die Inspiration für die zahlreichen Fischmotive, Piratenschiffe und Bötchen in diesem Jahr lieferte, bleibt ebenso ein Geheimnis wie die Frage, ob die „Ruhr-Akropolis“ des MCC Rot-Weiss als dezenter Hinweis zu verstehen war, dass es vielleicht bröckele beim Ruhrbania-Bau. Es passt jedenfalls zum Motto der Session: „Es schaukelt jetzt mit viel Humor, das Narrenschiff durch Mülheim an der Ruhr.”

Die bunte Wagen-Mischung kommt aber gut an bei den Mülheimern: Pierre Frankowiak (30) ist fast ebenso lange begeisterter Anhänger des Zuges. Er geht als Mönch, seine Freundin Natascha als Tiger – wie passt das zusammen? „Kein Konzept – reiner Zufall“, ruft er über die wummernden Bässe. Ecken weiter an der Ruhrstraße stehen Heike (38), ihre Familie und zwei große Taschen. Sieht schwer nach Kamelle-Hamstern aus, aber „stimmt nicht“, zeigt sie zum Beweis die Tüte: „Kaum was drin.“ Die Dame aus Süddeutschland ist das erste Mal beim Zug und mag ihn, „obwohl ich mit Fasching wenig am Hut habe.“

Apropos Hut: Was zieht der Mülheimer zum Fasching an? Mein nicht-repräsentatives Ergebnis zum Kostümfest: Mönche gegen Nonnen – 15 zu 6, Tiger gegen Drachen – 10 zu 7, die Partie Wikingerhelme gegen Sombreros ging unentschieden aus. Teufelshörnchen? Gefühlt zu viele.