Vier Tage beschäftigte sich eine Heißener Schulklasse mit den großen Themen der Politik und versuchten, ihr politisches Programm für das Jahr 2020 zu entwickeln.
Das Konzept vereint viel Kompliziertes: Vier Tage lang beschäftigte sich die Klasse 9a des Gymnasiums Heißen unter Anleitung von Meike Ludwigs vom Institut für Organisationskommunikation (IFOK) mit erneuerbaren Energien und entwickelte daraus Konzepte für die Zukunft Europas. Diese Überlegungen nahmen die Schüler als Grundlage für Parteiprogramme für ihre „Europawahl 2020“. Am vergangenen Freitag stellten sich die Parteien bei einer Debatte in der Heißener Stadtteilbücherei vor.
Man könnte sagen, sie spielen Politik — aber das richtig gut. Mit schwarzem Jacket und weißer Bluse sitzen die Schüler der Klasse 9a auf dem Podium und diskutieren über Reichensteuer, Tempolimit und „die Vergrößerung des internationalen Binnenhandels“. Ihre Programme haben die von die Jugendlichen erdachten Parteien WHP (Wirtschaftliche Handelspartei), SGP (Sozial gerechte Politik) und LUSP (Liberale Umwelt- und Tierschutz-Partei) vorgestellt. Nun lassen sie kein gutes Haar an den Ideen der anderen. Hier wird um Stimmen geworben und die Jugendlichen machen das mit solcher Überzeugung, das die Vollzeitpolitiker, die mitten zwischen den Schülern sitzen, lächeln müssen. Als auch noch Demonstranten auflaufen, ist das politische Schauspiel mit Augenzwinkern perfekt.
Europaabgeordneter Jens Geier (SPD) und Oliver Wittke, Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, hören sich als Profis die Debatte des Nachwuchses an. Kritisch sind sie und zeigen so, dass sie die Programme der Jugendlichen ernstnehmen. Da lobt Wittke den „internationalen Ansatz“ der WHP, warnt hingegen bei der SGP, dass „Energie nicht nur für Gutbetuchte erschwinglich“ sein darf. Geier hingegen findet es gut, dass die SGP Energiepolitik in einen gesellschaftlichen Kontext stellt, während er die LUSP warnt, dass es kaum Einsparpotenzial birgt, die Diäten der Abgeordneten nicht zu erhöhen. Begeistert sind beide Politiker am Ende. „Die beste Art, politische Entscheidungsprozesse zu vermitteln“, nennt Oliver Wittke diesen rollenspielerischen Ansatz. Und Jens Geier ist sicher, dass die Schüler nun wissen, wie schwierig es ist, andere von eigenen Konzepte zu überzeugen. Obwohl: „Unter den Schülern sind einige politische Talente.“
Für Politiklehrer Niels Preiser allerdings ist das Projekt besonders Ausdruck des europäischen Gedankens. „Wenn Europa weiter zusammenwachsen soll, müssen wir bei der Jugend anfangen.“ Denn in der Partnerschule des Heißener Gymnasiums im spanischen Mérida fand zeitgleich das identische Projekt statt.
Zum Schluss wurde auch noch gewählt. Die anderen Neuntklässler gingen zur Urne. Die meisten Stimmen erhielt übrigens die SGP. Sie fordert ein Tempolimit auf Autobahnen und die Erhöhung der Tabaksteuer.